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General Amnestie
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Beitrag von General Amnestie »

 
Vielen Dank, Knolle, für den hübschen Vasa Beitrag.
Und auch die andern Beiträger seien herzlich bedankt. Machen Sie mehr davon!

Außer Ihnen, Herr Wolf, Sie scheinen mir ein bisschen verwirrt zu sein.
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Ror Wolf

Beitrag von Ror Wolf »

Hüten Sie sich, General, sonst wird Ihnen irgendwann etwas passiert sein, und ein Herr namens Pommer oder doch Bommer könnte Sie besucht haben, nach einer Reise, einer seiner Reisen, und dann könnte es so geschehen sein.
Bommer holte einige Reiseandenken aus seiner Tasche, Fundstücke aus anderen Zimmern, und breitete sie auf dem Tisch aus, abgehauene Schwänze, noch zuckend, gepresste farblose Pflanzen, trockene Frösche, dunkle knorplige Knollen, auch eine Frucht, die einer Birne aufs Haar glich, im Geschmack dieser Birne ganz ähnlich war, trotzdem jedoch keine Birne war, sondern nach Pelzers Überzeugung eine kolossale Stachelbeere. Endlich erschien aus der Tiefe der Tasche ein großer, übrigens schon in Pilzers Notizen erwähnter und abgebildeter Fuß, in allen Einzelheiten erhalten und derart vollständig, daß keiner von uns daran zweifelte, daß dies der Fuß des Generals sei, eine Meinung, der sich selbst der General anschloß, der mit einem künstlichen Fuß in der Nähe stand.
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Knolle
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Beitrag von Knolle »

Die Fregatte Medusa

Am 17. Juni 1816 startete von der südfranzösischen ile d’aix eine Expedition nach Senegal, bestehend aus vier Schiffen. An Bord der Fregatte Medusa reisten unter anderen der neue Gouverneur des Senegal, Julien-Desiré Schmaltz und dessen Frau Reine Schmaltz. Geführt wurde das Schiff von Flottenkommandant Duroy de Chaumareys, der seit 25 Jahren nicht zur See gefahrenen war. Hinter Teneriffa verlor sich die kleine Flotte, die Medusa tastete sich allein an der afrikanischer Küste südwärts. Am 2. Juli, vor der senegalesischen Küste, passierte es: „Bei ruhger See und klarem Wetter liefen sie auf Grund.“
Versuche, das Schiff vom Riff frei zu bekommen, schlugen fehl. Da in den Booten nicht genug Platz für alle war, wurde ein großes Floß gebaut. „Bei Tagesanbruch, als das Wasser 2,70 Meter hoch im Laderaum stand und die Pumpen versagten, wurde der Befehl gegeben, das Schiff zu verlassen." Schiffsführung und Honoratioren stiegen in die vier Boote, im Schlepp hatten sie ein Floß mit 149 Männern darauf. „Als das Gefährt, vollbeladen war, schwamm es einen Meter unter dem Wasserspiegel, und die Menschen an Bord waren so zusammengedrängt, dass sie nicht einen Schritt tun konnten; vorne wie hinten standen sie bis zum Gürtel im Wasser. (...) Als die Boote in Position gingen, erhoben sich `Vive le roi!`-Rufe bei den Männern auf dem Floß, und an der Spitze einer Muskete wurde eine kleine weiße Flagge aufgezogen.“
Die patriotische Stimmung verging schnell und gründlich. Der Verband war noch keine zwei Meilen von der Medusa entfernt, als alle vier Leinen zu den Booten gekappt oder gerissen waren. Mit wenig Proviant und ohne irgendeine Möglichkeit, das Floß zu steuern, trieb es auf dem Meer. Stürme und Gemetzel untereinander dezimierten die Zahl der Überlebenden auf 15. Sie hatten Leichenteile roh gefressen und kranke Kameraden ins Meer geworfen, um ihre eigenen Überlebenschancen zu vergrößern. Am 13. Tag tauchte endlich ein Schiff am Horizont auf, die Argus nahm die Überlebenden auf. Fünf von ihnen starben bald darauf an den Folgen der Irrfahrt.
An Bord der Medusa harrten unterdessen noch 17 Personen aus. Sie warteten 42 Tage lang auf die versprochene Hilfe, bis 12 von ihnen ein zweites Floß bauten. Die Reste dieses Gefährts wurden später von Mauren an der Küste gefunden.

Zwei Überlebende vom Floß veröffentlichten 1818 einen Bericht über ihr Erlebnis. Dieses Buch inspirierte den Maler Théodore Gericault zu seinem Bild Le Radeau de la Méduse, das bis heute Proseminaristen und Primaner zu Referaten und Hausarbeiten veranlasst. Das Ölgemälde im Format von rund 5 mal 7 Metern hängt im Pariser Louvre, Zimmer 77 im ersten Obergeschoss.

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Wer dort nicht so oft vorbei kommt, kennt wahrscheinlich die Karikatur, veröffentlicht in Asterix X (Asterix als Legionär), mit den Piraten als Personal.

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Mit dem Gericault-Gemälde wiederum und seiner Vorgeschichte beschäftigt sich eingehend Julian Barnes in seinem 1989 erschienenen Buch A History of The World in 10½ Chapters. Diesem Werk, dass ich ihnen bei der Gelegenheit ans Herz legen möchte, bzw. dessen Übersetzung von Gertraude Krueger, entnahm ich die obigen Zitate.
Zuletzt geändert von Knolle am Mo Feb 02, 2004 9:46 pm, insgesamt 2-mal geändert.
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Pikahuna Burger
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Beitrag von Pikahuna Burger »

Ich denke, an dieser Stelle soll nun die Geschichte des Felix Graf von Luckner - des berühmten Seeteufels - und seines Seeadlers erzählt werden.

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m Dezember 1916 wurde er Kommandant des Hilfskreuzers Seeadler. In dem von ihm geführten Kaperkrieg gelang es Luckner mit der Seeadler 3 Frachter und 13 Segler mit insgesamt 30 099 BRT aufzubringen. Sein ritterlicher Umgang mit den Gegnern und die Tatsache, dass während der gesamten Kaperfahrten kein Tropfen Blut vergossen wurde, verschaffte ihm Respekt und Anerkennung bei Freund und Feind. Am 2. August 1917 wurde, nach Angaben Luckners, die Seeadler durch eine hohe Flutwelle, die bei einem Seebeben entstand, auf das die Insel umgebende Korallenriff gesetzt und zertrümmert. Das Schiff ohne Wache und so nah an einem Korallenriff zu ankern war zumindest sehr fahrlässig. Luckner ließ sich durch den Verlust des Schiffes nicht entmutigen. Ein aus der Heimat mitgenommenes Motorboot von 6 Metern Länge wurde mit Takelage und einem Maschinengewehr versehen. Am 23. August ging das Schiffchen unter dem Namen "Kronprinzessin Cecilie" unter dem Kommando des Grafen und mit einer Besatzung von 5 Mann in Richtung Fidschiinseln in See. Man plante, irgendein Schiff zu kapern und mit ihm den Rest der Leute vom Mopelia abzuholen. Vier Wochen lang dauerte die Reise auf See. Als sich Graf Luckner und seine Leute auf der Bakaya-Insel an Bord eines ankeraufgehenden amerikanischen Motorschoners in der Absicht eingeschifft hatte, das Fahrzeug in freien Gewässern zu kapern, wurden sie durch einen militärisch besetzten Regierungsdampfer daran gehindert und gefangen gesetzt; zunächst auf der Insel Suva, später in Auckland. Noch einmal gelang es Luckner auszubrechen. Am 13. Dezember 1917 floh er mit seinen Gefährten in dem Motorboot des Kommandanten des Gefangenenlagers und kaperten einen kleinen Segelschoner, der jedoch abermals von einem britischen Regierungsdampfer aufgebracht wurde. Bis zum Friedensschluss hat Australien dann die Besatzung der Seeadler im Zuchthaus von Auckland interniert.

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Knolle
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Beitrag von Knolle »

„Every man for himself“ – diese über Jahrhunderte bewährte Regel für Schiffsunglücke wurde 1852 vom britischen Major Alexander Seton außer Kraft gesetzt. Was noch heute mit Vorliebe als heroische Heldentat beschrieben wird, ist ein Prachtbeispiel für Kadavergehorsam. Rudyard Kipling formulierte es folgendermaßen: "But to stand an' be still to the Birken'ead drill / is a damn tough billet to chew." Über den aktuellen idiomatischen Gebrauch von „Birkenhead“ im Englischen, so der Name das Schiffs, auf dem „Women and children first“ für die christliche Seefahrt erfunden wurde, kann vielleicht Malimarc Auskunft geben. Zur Vorgeschichte:
Die Birkenhead entstammte einer Periode, die den Übergang vom Segler zum Dampfer erlebte. Ihr Rumpf wurde 1846 aus Stahl gebaut, sie war als Brigantine geriggt und verfügte gleichzeitig über Dampfkessel und Schaufelräder als Antrieb. Sie umrundete als britischer Truppentransporter das afrikanische Kap der guten Hoffnung, an Bord jede Menge Soldaten, einige Familienangehörige und Dutzende von Pferden für die Offiziere. Sie war am 17. Januar 1852 in Queenstown gestartet, um frische Truppen ins unruhige südliche Afrika zu bringen.
In der Nacht auf den 26. Februar rammt die Birkenhead vor der Küste des heutigen Südafrika in der False Bay einen Felsen, der passenderweise zur Formation Danger Point gehört. Das Unterwasserhindernis schlägt den Rumpf leck, im Vorschiff werden Dutzende Soldaten vom einbrechenden Wasser im Schlaf überrascht und ertränkt. In dieser Situation trifft Kapitän Robert Salmond eine verhängnisvolle Fehlentscheidung, als er: „Volle Kraft zurück“ befiehlt. Der Felsen schitzt das Unterwasserschiff auf wie ein Dosenöffner, das Wasser dringt noch schneller ein und das Schiff beginnt um2 Uhr morgens zu sinken. 25 Minuten später ist es damit fertig. Die Navy hatte für einfacheren Verkehr unter Deck Schotten herausnehmen lassen, so dass das Wasser sich um so leichter durch das ganze Schiff verbreiten kann.
60 Mann sind mit Pumpen beschäftigt, weitere 60 lassen die Boote zu Wasser. Alle übrigen Soldaten lässt der vorbildliche Soldat Alexander Seton an Deck antreten. Sie müssen still stehen, bis Frauen und Kinder das Schiff verlassen haben, der Legende zu Folge bekommen sogar die Pferde Vortritt. Das Schiff bricht auseinander, der vordere Teil rauscht in die Tiefe und nimmt die 60 Männer an den Pumpen mit. Der zehn Meter hohe Schornstein fällt aufs Deck und erschlägt dort die Männer, die das nächste Boot klarieren. Die Soldaten stehen stramm.
Als das erlösende Kommando: „Every man for himself“ ertönt, ist es für die vielen Nichtschwimmer ziemlich egal, sie können getrost in Habachtstellung stehen bleiben und mit dem Schiff versinken. 68 Mann schaffen es schwimmend an Land, weitere 50 können sich in die Mastspitzen retten und werden später dort aufgelesen. Insgesamt überleben 193 Menschen den Untergang der Birkenhead, darunter alle Frauen. 458 Männer sterben, darunter Major Alexander Selton und Kapitän Robert Salmond.

<img src="images_non_phpBB2/t992/birkenhead.jpg" width="559" />
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Somnambule
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Beitrag von Somnambule »

Der Untergang der "Peter der Große" (Pjotr Weliki)
Spiegel hat geschrieben: Flottenchef widerruft Warnung vor Nuklear-Unfall
Erst warnte Wladimir Kurojedow die Öffentlichkeit vor einer möglichen Explosion des Reaktors auf dem russischen Raketenkreuzer "Peter der Große" - Stunden später dementierte der Chef der russischen Nordmeerflotte wieder alles: Die Sicherheits des Schiffs sei gewährleistet.
Süddeutsche hat geschrieben: "Er kann uns jeden Moment um die Ohren fliegen"

Mit diesen Worten hat der russische Marinekommandeur Wladimir Kurojedow den schlechten Zustand von Russlands größtem atomgetriebenen Raketenkreuzers beschrieben - um kurz darauf zu behaupten, die atomare Sicherheit auf dem Kreuzer sei vollkommen gewährleistet
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Am 23.3.04 warnt W. Kurojedow die Öffentlichkeit vor den vom Kreuzer "Peter der Große" ausgehenden Gefahren: das Schiff sei völlig marode, es könne jederzeit in die Luft fliegen. Nur wenige Stunden später widerruft er seine Warnung, die Medien hätten ihn missverstanden. Die "Peter der Große" bleibt weiterhin in Dienst.

Am 7.4. sticht der Kreuzer in See. Ziel: Die Gewässer vor der russischen Insel Ostrov Vaygach. Schon beim Auslaufen sind faustgroße Löcher im oberen Rumpfbereich zu erkennen. Doch die Obrigkeit reagiert - eingelullt durch die Versicherungen Kurojedows, das sei okay und man könne im Moment eh nichts daran ändern - nicht, sondern drängt die Besatzung dazu, ein paarmal im Hafenbecken auf- und abzufahren, und dabei "ordentlich Wellen" zu machen, um der Marine ein energisches Bild in der Öffentlichkeit zu verpassen. Schon hier passiert die erste Panne: Wasser dringt durch die beschädigten Stellen ein, der Assistent des Steuermanns bekommt dieses ins Auge und will diese so lange nicht mehr aufmachen, bis jemand ihm ein Handtuch reicht, mit dem er sich die Tränen wegwischen kann. Abgelenkt durch dieses Missgeschick eckt der Steuermann an Putins Privatyacht an, worauf dieser wochenlang eingeschnappt ist. Spätestens hier hätten die Verantwortlichen gewarnt sein müssen. Zwei Tage später kommt der Kreuzer in den Gewässern von Ostrov Vaygach an. Es stürmt und wegen der hohen Wellen in Küstennähe müssen die Besatzungsmitglieder immer wieder ihre Arbeit unterbrechen um das Frühstück (zwei Spiegeleier+halber Liter Vodka) zu erbrechen. Als eine besonders hohe Welle auf die Rumpfwand schlägt, hält diese, geschwächt durch die vom Salz ausgelöste Korrosion, nicht mehr stand. Wasser dringt ein, bahnt sich seinen Weg zum Maschinenraum und trifft dort auf den gerade für "Wartungsarbeiten" geöffneten Hauptreaktor. Es kommt zu einer gewaltigen Verpuffung, mehrere Transformatoren explodieren und das Schiff versinkt innerhalb weniger Minuten. 136 Besatzungsmitglieder kommen ums Leben, nur der Bordflorist arbeitet gerade an Deck an einem Blumenarrangement und kann schwerverletzt in ein Rettungsboot klettern. Durch die austretende Radioaktivität wird die Insel Ostrov Vaygach verseucht, ebenso das südlich gelegene Festland bis nach Karatayka. Die Insel wird evakuiert, die Gewässer in weitem Umkreis abgesperrt und Ölsperren ausgebracht (vergeblich). Wegen der dünnen Besiedelung der betroffenen Landstriche werden kaum Siedler in Mitleidenschaft gezogen. Umso schwerer trifft es die ansäßigen Betriebe. Nerz aus den berühmten Pelzfarmen der Provinz muss wegen der hohen Strahlenbelastung vom Markt genommen verbrannt werden. Auch die weltbekannten Trüffelfelder werden stark verseucht, die Ware eignet sich nur noch für zweitklassige TV-Köche (Zacherl, Biolek, Schubeck...) und überschwemmt in den Folgewochen den deutschen Feinschmeckermarkt. Tausende von Trüffelschweinen müssen wegen Unterbeschäftigung nach Hause gehen. Arbeitslosengeld zahlt der gebeutelte Staat nicht.

Als Reaktion auf dieses Unglück nimmt die russische Regierung alle verbleibenden Atomkreuzer aus dem Dienst. Die reaktorbetriebenen Unterseeboote werden jedoch weiterhin eingesetzt.
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Knolle
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Beitrag von Knolle »

Der deutsche Gaffelschoner Berta wurde 1922 an der deutschen Nordseeküste zum Schauplatz eines sehr originellen Schiffsunglücks. Die Lehre aus der Geschichte: Willst du einen Frachter klauen, besorge dir eine anständige Waffe.
Die hatten der Finkenwerder Fischer Gustav Lange, zwei seiner Söhne und und ein gewisser Kuhlmann offenbar nicht, als sie am 22. Oktober 1922 gegen zwei Uhr mittags mit ihrem Boot an der Berta längsseits gingen. Der Schoner mit seiner Ladung brasilianischen Quebrachoholzes lag bei Freiburg vor Anker, um die passende Tide zur Weiterfahrt die Unterelbe hinunter abzuwarten. Die Räuber boten zunächst den Deckswachen, dem Matrosen Wessel und dem Schiffsjungen Herbert, Kleidung zum Kauf an. Als Wessel Geld zum Einkaufen holen wollte, wurde ihm mit vorgehaltener Pistole der Rückweg an Deck versperrt. Er wurde unter Deck gfesselt, genauso wie der zweite Matrose Offers.
Kapitän Wilhelm Knuth hatte von all dem nur eine gewisse Unruhe mitbekommen, deren Ursache ihm der Schiffsjunge auch nicht erklären konnte. Also ging Knuth in den Maschinenraum, um den Diesel für die Weiterfahrt klar zu machen. Inzwischen wurde Herbert ebenfalls überwältigt und gefesselt. Als Knuth an den Niedergang kam, um seine Leute zusammenzutrommeln, stand ein Räuber mit Pistole hinter ihm und befahl ihm, sich hinzulegen. Knuth schrie laut um Hilfe, erhielt zwei Schüsse in den Rücken und verlor die Besinnung. Er kam in der Kajüte wieder zu sich, gefesselt und seiner Brieftasche beraubt.
Matrose Wessel bekam von den Seeräubern den Befehl, die Maschine zu starten. In diesem Moment stieß Knuth seinen Bewacher zur Seite, kroch halb aus der Kjüte und schrie abermals laut um Hilfe. Wiederum wurde er zweimal angeschossen, diesmal in die Brust. Zusätzlich schlugen ihn die Räuber mit dem Revolver ins Gesicht und auf den Kopf, bis Knuth erneut ohnmächtig zusammenbrach. Er wurde an Händen und Füßen gefesselt ins Mannschaftslogis gelegt.
Das Schiff nahm unter dem Kommando der Räuber Fahrt auf und passierte unbemerkt die Zollwache in Cuxhaven. Der immer weiter auf Nord drehende Wind vereitelte den Plan, das Schiff nach Skandinavien zu entführen; die Seeräuber entschieden, stattdessen westlich nach Holland zu fahren. Unterwegs gelang es dem Matrosen Wessel, der am Ruder stand, das Schiff unbemerkt in die Jade zu steuern, wo es abends gegen 9 Uhr prompt auf die Mellum-Plate auflief. Berta schlug sofort leck. Der Kapitän wurde befreit und an Deck geholt, um das Schiff wieder flott zu kriegen. Das gelang nicht, das Wasser stieg sehr schnell, und die zwei Gruppen verteilten sich auf der Flucht vor der Flut: Die vier Räuber kletterten in den Vormast, drei der vier regulären Besatzungsmitglieder in den Großmast. Kapitän Knuth, offenbar ein zäher Bursche, schaffte es, ins nachgeschleppte Beiboot zu steigen. Eine Stunde später gelang dies auch den anderen drei Besatzungsmitgliedern. Sie legten ab, die Räuber schossen vergeblich hinter ihnen her.
Am nächsten Morgen gegen 8 Uhr sichtete der Tonnenleger Mellum den Havaristen und barg drei Männer aus dem Vormast. Die völlig erschöpften Schiffbrüchigen berichteten, dass ihr Kapitän mit seinem Sohn an Land gerudert sei, um Hilfe zu holen; ein Mann sei in der Nacht ertrunken. Der Kapitän der Mellum signalisierte zum Leuchttrum Vosslapp, dass er drei Überlebende der Berta an Bord habe und sie nach Wilhelmshaven bringen werde. Aber bei diesem Leuchtturm waren am Vorabend die vier rechtmäßigen Besatzungsmitglieder angelangt, und so wurde der Mellum mitgeteilt, was für Leute sie da gerettet habe.
Ein Torpedoboot übernahm die drei Räuber von der Mellum und brachte sie nach Wilhelmshaven. Der Tonnenleger sammelte derweil die Berta-Besatzung am Leuchtturm ein und brachte sie ebenfalls nach Wilhelmshaven. Dort hatte sich die Geschichte wie ein Lauffeuer herumgesprochen. Seeleute, Marinesoldaten und Fischer wollten die drei Räuber auf der Stelle lynchen, obwohl die nach wie vor an ihrer Geschichte festhielten, dass sie unglückliche Schiffbrüchige seien. Sie gaben erst auf, als Kapitän Knuth mit seinen Leuten auftrat.
Das Stader Schwurgericht verurteilte die drei Seeräuber ein halbes Jahr später zu hohen Zuchthausstrafen. Die Berta war nicht zu retten und wurde als Totalverlust aus dem Register gestrichen. Eigner und Kapitän Wilhelm Knuth erhielt gerade mal 250.000 Mark Inflationsgeld; damit war nur rund ein Zehntel des Schadens gedeckt.
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Dr. Dralle
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Beitrag von Dr. Dralle »

auch kleinere schiffsunglücke haben durchaus ihren charme:

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vor allem, wenn sie zweimal pro tag passieren:

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Zuletzt geändert von Dr. Dralle am Mo Sep 05, 2005 1:04 pm, insgesamt 1-mal geändert.
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Der Korrektor
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Tanker rammte Bootshaus

Beitrag von Der Korrektor »

In Köln sind Schiffsunglücke ja - wie auch andernorts so oft - meistens auf den Teufel Alkohol zurückzuführen.
Köln - Ein völlig betrunkener Kapitän hat in Köln einen Anleger für Ruderboote nebst Bootshaus gerammt und ist, ohne sich um den Schaden zu kümmern, weiter rheinaufwärts gefahren. Nach dem Zusammenprall setzte er sein mit Heizöl beladenes Schiff einfach zurück und fuhr weiter in Richtung Basel, wie die Wasserschutzpolizei am Mittwoch Medienberichte bestätigte. Verletzt wurde niemand. Der Sachschaden beläuft sich auf rund 35 000 Euro. Er muss nun mit einem Verfahren wegen Trunkenheit im Schiffsverkehr rechnen. (dpa/lnw)
Das Witzige darin ist, wie man einer anderen Meldung entnehmen konnte, dass der Kapitän mit seinem Tankschiff erst eine knappe Stunde davor in Leverkusen abgelegt hatte, also gerade mal so ca. 7 bis 8 km weit kam.

Gruß
Der Korrektor

PS:
Und in Mülheim ankert gerade ein Schiff namens "Kellermann". Ein Passagierschiff. Ich habe kurz überlegt, ob es sich lohnt, einen weiteren Strang "Unglückliche Schiffsbenennungen" zu eröffnen, der gibt aber wohl doch nicht so viel her. Vermutlich würde die "Kellermann" in diesem Strang dann ganz alleine vor sich hin dümpeln.
Es war die Personifikation und Inkarnation des Grauens, des Abartigen, des Anderen. Doch bevor er diesen Gedanken vertiefen konnte, riss ihm das Monster gemütlich schmatzend den Kopf ab.
Carola
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Re: Tanker rammte Bootshaus

Beitrag von Carola »

Der Korrektor hat geschrieben:
PS:
Und in Mülheim ankert gerade ein Schiff namens "Kellermann". Ein Passagierschiff. Ich habe kurz überlegt, ob es sich lohnt, einen weiteren Strang "Unglückliche Schiffsbenennungen" zu eröffnen, der gibt aber wohl doch nicht so viel her. Vermutlich würde die "Kellermann" in diesem Strang dann ganz alleine vor sich hin dümpeln.
Ich würde den neuen Thread ohne mit der Wimper zu zucken mit der armen "Eiltank 4" erweitern. Das Schicksal mit diesem vollkommen nichtssagenden Namen den Rhein befahren zu müssen, erschüttert mich zutiefst.

Übrigens reißt der Wellness-Bereich der Kellermann alles wieder heraus.

die Carola
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Pikahuna Burger
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Beitrag von Pikahuna Burger »

Da Querverlinken hier im Forum ja ganz groß in Mode gekommen ist, möchte ich da ja auch nicht hintenanstehen:

http://www.superlupo-magazin.de/viewtopic.php?t=1127
Hallo erstmal ! Grüße vom PIKATOR
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Der Korrektor
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Re: Tanker rammte Bootshaus

Beitrag von Der Korrektor »

Carola hat geschrieben:
Ich würde den neuen Thread ohne mit der Wimper zu zucken mit der armen "Eiltank 4" erweitern. Das Schicksal mit diesem vollkommen nichtssagenden Namen den Rhein befahren zu müssen, erschüttert mich zutiefst.
Nun, immerhin ist die EILTANK 4 ja nicht alleine, sondern hat mit der EILTANK 1, 2 und 3 sowie 5 bis 233 noch einige Namensvettern.

Bild

Die zuständige <a href="http://www.reederei-jaegers.de" target="_blank">Reederei Jägers</a> scheint allerdings, was die Namensgebung ihrer Schiffe angeht und wenn mir diese kleine Abschweifung vom Strangthema noch erlaubt sei, bei der Namensgebung ihrer Schiffe durchaus auch schon kreative Phasen gehabt zu haben, vor allem im Bereich "Einhülle für helle Produkte", wo OSIRIS, ARGONAUT und CHEYENNE anzutreffen sind, allerdings auch die nicht ganz so poetisch benannten Pötte PROTTES und RAMSAU.

Bei "Einhülle Coating" tummeln sich mit EDGAR JAEGERS, ELISABETH JAEGERS und HEDY JAEGERS (neben zahlreichen EILTANKS) dann vornehmlich Familienmitglieder, bei der "Doppelhülle Edelstahl" schwang man sich dann nochmals zu MERCUR und MERCURIUS hoch, bis bei "Einhülle für dunkle Produkte" den Namensgebern die Puste völlig ausging und sie die Tanker nur noch 16801, 16802, 16803 und 16804 nannten. Da lob' ich mir doch den EILTANK!

Freundlichen Gruß
Der Korrektor
Es war die Personifikation und Inkarnation des Grauens, des Abartigen, des Anderen. Doch bevor er diesen Gedanken vertiefen konnte, riss ihm das Monster gemütlich schmatzend den Kopf ab.
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General Amnestie
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Beitrag von General Amnestie »

Die Große Nordische Expedition

Ein langer Text aber eine interessante Geschichte. Wieder kein copy&paste sondern kompiliert aus: Wendt, Herbert, Entdeckungsfahrt durchs Robbenmeer, Stuttgart 1952



Prolog
Im November 1724 diktiert der todkranke Zar Peter der Große in seinem Vermächtnis Instruktionen zu einer Expedition unter Führung Vitus Bering, die feststellen soll, ob Sibirien und Amerika durch eine Landbrücke verbunden seien.
Der Plan der »Großen Nordischen Expedition« wird 1732 durch den Senat, die Admiralität und die Akademie in Petersburg genehmigt. Neben Vitus Bering werden Alexej Tschirikow, Martin Spangberg und Louis Delisle de la Croyère mit der Leitung beauftragt. Die Vorbereitungen dauern bis 1741. Rivalitäten unter den Mitgliedern der Expedition und despotische Wojwoden, die sich fernab von Petersburg ihre eigenen kleinen Reiche errichtet haben, erschweren die Lage zusätzlich.
Im Mai 1741 trafen alle Kommandanten in der Awatschabucht von Kamtschatka zusammen, um die endgültige Route nach Osten festzulegen. Es handelte sich um die entscheidende Frage, ob man die amerikanische Küste oder die sagenhafte Insel Gamaland suchen sollte. Letztere war auf den Karten Guillaume Delisle de la Croyères verzeichnet, nach einer angeblichen Beobachtung Don Juan de Gamas.

<a href="http://www.ralma.de/iggy_one/delisles_karten.giff" target="_blank"><img src="http://www.people.freenet.de/bilderlage ... n.gif"></a>
(klicken für Großansicht; webspace sponsored by DalaiRama)

Obwohl Spangberg auf mehreren Vorbereitungsfahrten keinen der Fabelkontinente Statenland, Kompagnieland und Gamaland finden konnte, beharrte der Professor Croyère auf der Richtigkeit der Karten seines seligen Bruders. "Gamaland steht auf der Karte - also hat es dazusein!" Oder wie er immer betonte: "Terre de Gama, c'est une affaire de famille!" Als wissenschaftlicher Leiter der Expedition hatte er das letzte Wort und so musste Bering widerwillig Kurs Südost zu Ost anordnen. "Jetzt soll ich nach einer Narrenkarte ins Meer fahren und ein Land suchen, das es gar nicht gibt!" verkündete er anschließend Georg Wilhelm Steller - dem eigentlichen Helden dieser Geschichte.
Steller wurde am 10.3.1709 in Windsheim (Franken) geboren. Nach dem Studium in Wittenberg, Halle und Berlin ging er nach Russland, das aufgrund der Westöffnung durch Peter den Großen Gelehrte aus ganz Europa begeistert aufnahm, und wurde 1731 Hausarzt des Erzbischofs Feofan von Nowgorod. Dort hielt es den tatendurstigen Naturforscher aber nicht lange. Er wollte Entdecker werden, wenigstens Sibirien erkunden, am liebsten aber noch weiter nach Osten, übers Meer, nach Amerika. Zunächst gelang es ihm, von der Petersburger Akademie der Auftrag zu erhalten, mit den drei deutschen Wissenschaftler Gmelin, Müller und Fischer das Innere Sibiriens zu erforschen (1737 bis 1739). Doch es zog ihn weiter. Gemeinsam mit dem russischen Studenten Krascheninnikow bereiste er Kamtschatka und lebte einige Zeit mit den heute längst ausgestorbenen Ureinwohnern zusammen (1740 bis 1741). Trotzdem verlor Steller Amerika nicht aus den Augen. In der Awatschabucht traf er Bering und überzeugte ihn, als Assistent des Schiffsarzt anheuern zu dürfen. Wie Bering war auch Steller von Spangbergs Beobachtungen überzeugt, dass es die Fabelkontinente der Delisles nicht gibt.


Die Geschichte
Dennoch mussten die beiden Schiffe der »Großen Nordischen Expedition« am 4.6.1741 auslaufen, um Gamaland zu suchen. Auf der »St. Peter« segelten Bering und Steller, auf der »St. Paul« Tschirikow und Delisle de la Croyère. (Spangberg erhielt den Auftrag, Japan zu erkunden)
Nach zweiwöchiger Fahrt war Gamaland immer noch nicht gefunden. Am 20.6.1741 verschwand auch noch die »St. Paul«. Bering, bei dem inzwischen das »kalte Fieber« ausgebrochen war, befahl, noch sechs Tage nach ihr und Gamaland Ausschau zu halten. Mittlerweile ging das Trinkwasser zur Neige und Skorbut brach aus. Steller, der den Eingeborenen Kamtschatkas abgeschaut hatte, welche Kräuter und Wurzeln einen vor dem Skorbut bewahren, wurde von der restlichen Besatzung als ahnungslose Landratte verspottet, selbst später noch, als den Seebären bereits reihenweise die Zähne ausfielen, während Steller und sein Diener Lepechin offenbar davon verschont blieben. Trotz der bedrohlicher werdenden Situation - an der »St. Peter« traten Mängel zutage, die durch den langen Transport des Baumaterials durch Sibirien verursacht wurde - wollte Bering nicht ganz ohne Ergebnisse zurückkehren. Er befahl Nordkurs nach dem vermuteten Amerika.
Am 12.7. erreichte die »St. Peter« die Küste Alaskas in der Nähe des Mount St. Elias, doch die kranke Besatzung hatte jeden Forschergeist verloren. Man wollte den Frischwasservorrat auffüllen und sogleich wieder nach Kamtschatka zurücksegeln, was den "Schokoladentrinker" (Leutnant Khitrow) Steller in Rage brachte: "Eine schöne Expedition ist das! Zehn Jahre Vorbereitung, nur um einige Fässer amerikanischen Wassers auf ein Schiff zu bringen!" Also erkundeten er und Lepechin alleine das Land. In nur drei Tagen sammelten sie antiskorbutische Pflanzen, fanden ein verlassenes Eingeborenendorf und entdeckten zahlreiche unbekannte Tiere, die heute zum Teil nach Steller benannt sind, z.B. den bunten, beschopften Häher Alaskas, den Steller's Jay (Cyanocitta stelleri). Dann ordnete Bering die Rückfahrt an.
Drei Wochen lang wurde das Schiff an der Küste der Alaska-Halbinsel umhergeschleudert, allerdings kannte da noch niemand den Namen Alaska. Den erfuhren die Männer der »St. Peter« erst im September 1741 als sie an der Schumagin-Inselgruppe wegen Frischwassers halt machten und freundlichen Eskimos begegneten, die ihren Walspeck gegen Glasketten (!) eintauschten und nebenbei verrieten, dass es sich weiter nördlich um Ali-ak-sa, das »Große Land« handele, was von den Europäern selbstverständlich zu Alyasca oder Alaska verhört wurde. Mittlerweile waren die skorbutgeschüttelten Seeleute der »St. Peter« bereit, Stellers Beeren und Rhabarbersuppe zu essen; allerdings waren die Vorräte viel zu knapp.
Die Stürme hatten das Schiff schwer beschädigt, die ersten Matrosen waren gestorben. Deswegen war der Jubel unbeschreiblich, als am 11. November die Küste Kamtschatkas sichtbar wurde. Da die Brigg jeden Augenblick im Sturm zu kentern drohte, landete man schnellstmöglich an. Nachdem alle Lebenden und einiges an Ausrüstung von Bord gebracht war, warf eine Flutwelle die »St. Peter« weit aufs Festland, wodurch sie endgültig unbrauchbar wurde.
An Land übernahm Steller das Kommando. Er errichtete ein Krankenlager und wies die Matrosen an, welche Kräuter zu sammeln seien. Nahrung gab es in Hülle und Fülle. Schneehühner, Meerotter und Eisfüchse zeigten keinerlei Scheu und konnten so bequem erschlagen werden. Viele der Kranken erholten sich, einige aber starben - zur Freude der boshaften Eisfüchse. "Sie fraßen unseren Toten Nase, Finger und Zehen ab", notierte Steller in sein Tagebuch. Am 8.12.1741 starb Bering, und gleichzeitig wurde es traurige Gewissheit, dass man noch gar nicht in Kamtschatka war, sondern auf einer unbekannten Insel. Heute trägt die Insel Berings Namen. 30 weitere Matrosen starben.
Mit der Gesundung der anderen kam auch ihre Gier nach Gewinn zurück. Also schlachteten die Meerottern wegen ihres Fells - in weit größerer Zahl, als man sie verwenden konnte. Nicht einmal auf Stellers Anordnung, das Fleisch aufzuheben, hörten sie, sondern warfen die abgehäuteten Körper ins Wasser. Die Offiziere mischten sich auf ihre Weise in das Pelzgeschäft. Sie verlockten die Männer zum Kartenspiel und nahmen ihnen mit Hilfe falscher Karten einen großen Teil der Felle wieder ab.
Als es Frühling wurde begannen die Schiffbrüchigen aus den Resten der »St. Peter« eine Schaluppe zu bauen. Die Meerotternmassaker hatten dafür gesorgt, dass die Nahrung schon wieder knapp wurde. Man musste sich an die riesenhaften Bewohner der Insel wagen, die nur dort lebenden Seekühe (Rhytina stelleri).
Bild
Bislang hatten die 480 Zentner Ungetüme als unfangbar gegolten. Schließlich gelang es aber, eine Methode zu entwickeln, bei der eine Matrose von einer Jolle aus eine Seekuh harpunierte, die dann von 40 am Ufer stehenden Männern an Land gezogen wurde. Von allen Nahrungssorgen befreit, kam der Schiffsbau gut voran.
Am 14. August 1742 lief die Schaluppe mit flatternden Segeln aus und landete am 28. August in Petropawlowsk, Kamtschatka. 46 Seeleute leben noch, einig von ihnen sterben jedoch bald darauf.


Epilog
Die Freude über die Rückkehr währte nur kurz. Die politischen Verhältnisse in Russland hatten sich geändert; der Geist Peter des Großen hatte sich längst verflüchtigt. Jene Minister und Verantwortlichen der Akademie, die die Nordische Expedition gefördert hatten, saßen allesamt in Kerkern. Die Entdecker waren in Ungnade gefallen. Martin Spangberg war inzwischen sogar zum Tode verurteilt worden und konnte nur durch das Eingreifen des dänischen Botschafters gerettet werden. Deshalb störte sich von den Heimkehrern auch niemand daran, dass Tschirikow als Entdecker von Amerika galt. Die »St. Paul« hatte nämlich zur gleichen Zeit wie die »St. Peter« die Küste Alaskas erreicht, wenn auch an anderer Stelle. Zu einer Erkundung des Landes war es aber nicht gekommen. Die Rückfahrt war allerdings besser Verlaufen, weshalb Tschirikow schon am 10.10.1741 wieder in Kamtschatka eintraf - ohne Louis Delisle de la Croyère. Der war wie viele andere am Skorbut gestorben. Allein Steller wollte sich nicht damit abfinden. Er schrieb Briefe über den Ablauf der Expedition und schickte seine Aufzeichnungen an die Akademie. Dort verschwand alles in den Kellerarchiven und wurde geheim gehalten. Heute ist bekannt, dass die russische Regierung nicht wollte, dass der Pelzreichtum Alaskas anderen Nationen bekannt würde. Im Jahre 1867, als die Tiere so rar geworden waren, dass die Pelzjagd sich kaum noch lohnte, verkaufte Russland Alaska und die Aleuten an die Vereinigten Staaten von Nordamerika. Steller reiste noch ein paar Jahre durch Kamtschatka und forschte. Die Rehabilitierung Berings ließ ihm keine Ruhe. Noch einmal besuchte er die Beringinsel und das Grab des Kommandanten. Doch es war hoffnungslos. Der »Schokoladentrinker«, der an Bord der »St. Peter« den Matrosen den Alkohol abgewöhnen wollte, griff immer häufiger zum Wodka. Am 12.11.1746 starb er in der sibirischen Stadt Tjumen mit einer Flasche in der Hand.
Zuletzt geändert von General Amnestie am Di Mär 01, 2005 4:29 pm, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitrag von General Amnestie »

 
Ein Nachtrag.

Eben im Internetz entdeckt:
Es gibt Stellers Buch "Beschreibung von dem Lande Kamtschatka" als pdf-file.
 
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Christian Baudissin

Die Slocum brennt

Beitrag von Christian Baudissin »

Am Montag, den 14. Juni läuft um 22.45h mein Film "Die Slocum brennt!" im 3. Bayerischen, also BFS.
Es kommen die letzten Überlebenden zu Wort und das Unglück wird rekonstruiert.
Am Tag drauf ist das Unglück dann hunder Jahre her.

Siehe auch:
http://members.aol.com/baudissin/slockritik.html

Wäre schön, wenn sich viele zum gucken einfänden. Danke herzlich im Voraus!
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