Unworte und ihre GB-Folgen

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Holz. Das Fünfte Element.
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Beitrag von Holz. Das Fünfte Element. »

herr mattes hat geschrieben:Mal was anderes im Zusammenhang mit Unwörtern:

Erinnert sich noch jemand an die Aktion von Liptonice und dem Duden ein Wort für den Zustand "nicht mehr durstig" (so wie "satt" für "nicht mehr hungrig") zu finden?
Also ich z. B. nicht. Dafür erinnern sich Liptonice und der Duden ja auch nicht an einen Höhepunkt abendländischer Briefkultur, der die Sache schon 1975 geklärt hat.
herr mattes hat geschrieben:Hätte man nicht lieber zwei Fliegen mit acht Klappen schlagen können und endlich ein Wort schöpfen sollen das sich auf "Mensch" reimt?
Funny van Dannen 1995 im Lied Lebewesen über ebenjene:
du kennst sie und du kennst sie nicht
sie haben ein Gesicht das spricht
sie fliegen hoch und sie liegen im Dreck
sie sind kurz da und lange weg

sie heißen Milbe und sie heißen Mensch
sie leben zusammen auf einer Ranch
Also ich kann mir nicht helfen, meines Erachtens gildet das.
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Acht Köstlichkeiten
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Beitrag von Acht Köstlichkeiten »

Wissen Sie eigentlich, für welches deutsche Wort der Duden als einziges bis vor ca. 40 Jahren alle 3 Geschlechter zuließ? Also der, die und das ***?

Wer es findet, darf einen Politiker seiner Wahl dahinschicken.
"Gentlemen, you can't fight in here! This is the War Room."
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jugend-musiziert
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Beitrag von jugend-musiziert »

Hallo 8k!

Schön mal wieder von Ihnen zu lesen. Das Wort kenne ich, ich mag aber keine Schlangen und würde niemanden dorthin schicken wollen. Die Frage ist allerdings ein Klassiker & die Antwort gewiss vielen bekannt, deswegen brüste ich mich nicht & erwarte keine Lobhudelei.

Herzlich,

jugend-musiziert
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Quodlibet
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Beitrag von Quodlibet »

Holz. Das Fünfte Element. hat geschrieben:einen Höhepunkt abendländischer Briefkultur,
Offensichtlich ist zum Thema Unwort alles gesagt, so daß ich mir auch erlaube abzuschweifen, dieser nette Brief ist weder von Bernstein noch von Gernhardt oder Waechter, sondern von <a href="http://www.briefmacker.de" target="_blank"> Winfried Bornemann</A>, seines Zeichens Briefmacker und eine Art analoger Pionier der Forumsbewegung. Er schrieb Prominenten, Parteien und Firmen nette Briefe mit oft absurden Ansinnen und veröffentlichte dann die Reaktionen - die kurzweilige Lektüre sei Ihnen im Sommer anempfohlen. Besonders gern erinnere ich mich an den Brief, den Bornemann als besorgtes FDP-Mitglied an Lambsdorff schickte, ihm sei zu Ohren gekommen, der damalige FDP-Vorsitzende vertreibe nebenher Versicherungen...
Graf Krücke schrieb zurück, er wüßte zu gern die Adresse des Gerüchtestreuers, um denselben vor den Kadi zerren zu können...

Immer noch belustigt

Q.
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Wolpers
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Beitrag von Wolpers »

Holz. Das Fünfte Element. hat geschrieben:Also ich kann mir nicht helfen, meines Erachtens gildet das.
Ich helfe Ihnen gerne und verweise gewohnt anglophob auf die Herrkunft Ihres Vorschlages.

Gildet nämlich ja gar nicht,


G. F. Wolpers
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Acht Köstlichkeiten
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Beitrag von Acht Köstlichkeiten »

Hallo jugend,
ja mein Posting hat ja sonst auch mal wieder keine Sau interessiert... da hätten Sie es ruhig verraten dürfen :wink:
Aber jetzt ist es unser kleines Geheimnis 8)
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Pelzer
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Beitrag von Pelzer »

Quodlibet hat geschrieben:dieser nette Brief ist weder von Bernstein noch von Gernhardt oder Waechter, sondern von Winfried Bornemann
sind sie da sicher? ich hab zwar gerade keine lust, das zu recherchieren, aber ich meine, der schmöllbrief, den j. kramer auf seiner seite hat, stammt tatsächlich aus einer alten pardon und dort aus der wims. - meinen sie jetzt, bornemann hätte das früher als wims gemacht? oder die abbildung sei gar nicht aus pardon, sondern aus einem bornemann-buch?

die hab ich b.t.w. vor ewigkeiten auch mal in der hand gehalten, und ich kann mich erinnern, daß ich sie nicht so recht komisch fand. wenn man sich als autor schon mit einer roten clownsnase auf sein eigenes buch draufmalen läßt...
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Quodlibet
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Beitrag von Quodlibet »

Pelzer hat geschrieben: sind sie da sicher? ...
Ziemlich sicher, ich vermag mich jedoch nicht zu erinnern, ob das Faksimile aus seinem Buch genauso aussah, ich habe das am Anfang der 90er gelesen, damals hatte ich einen enormen Nachholebedarf, den ich aus monitären Gründen größtenteils aus der Remittendenkiste befriedigte...
Pelzer hat geschrieben: die hab ich b.t.w. vor ewigkeiten auch mal in der hand gehalten, und ich kann mich erinnern, daß ich sie nicht so recht komisch fand. wenn man sich als autor schon mit einer roten clownsnase auf sein eigenes buch draufmalen läßt...
Hierin stimme ich zu, diese Cover sind zu scheußlich, und wahrscheinlich auch Bornemanns eigene Idee, wie die Photos auf seiner Webseite belegen. Ich fand auch weniger die Briefe komisch, sondern die z. T. recht säuerlichen Antworten der Gefoppten, und die Aktion, Promis eine nicht unbeträchtliches Erbe anzudienen, und dann diese gierige Brut bloßzustellen, hätte doch auch in Ihr Bättchen gepaßt.


Übrigens stellen die auf der Webseite abgedrucken Beispielbriefe bei weitem nicht die glücklichste Auswahl dar.
Gruß

Q.
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Pelzer
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Beitrag von Pelzer »

ich hab doch noch mal nachgesehen, und in der wims-buchausgabe von zweitausendeins (14. auflage, okt. '97) ist auf s. 303 (wims dez. 1975) genau der maschinenschriftliche schmöll-brief. sorry, quodlibet...
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hessen-wohin
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Beitrag von hessen-wohin »

Nein, dieser Herr Pelzer... immer muss er Recht behalten.
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Pelzer
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Beitrag von Pelzer »

gar nicht wahr.
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Knolle
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Beitrag von Knolle »

Recht vielleicht nicht, aber wenigstens das letzte Wort.
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Pelzer
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Beitrag von Pelzer »

sie behalten doch selber immer das letzte wort!
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Olaf Ittenbach
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Beitrag von Olaf Ittenbach »

sind sie da sicher?
Der verbreitetste Ruffel ist der Unruffel!
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Holz. Das Fünfte Element.
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Beitrag von Holz. Das Fünfte Element. »

herr mattes hat geschrieben: Hätte man nicht lieber zwei Fliegen mit acht Klappen schlagen können und endlich ein Wort schöpfen sollen das sich auf "Mensch" reimt?
Funny van Dannen hat geschrieben:sie heißen Milbe und sie heißen Mensch
sie leben zusammen auf einer Ranch
Wolpers hat geschrieben:
Holz. Das Fünfte Element. hat geschrieben:Also ich kann mir nicht helfen, meines Erachtens gildet das.
Ich helfe Ihnen gerne und verweise gewohnt anglophob auf die Herrkunft Ihres Vorschlages.

Gildet nämlich ja gar nicht,


G. F. Wolpers
WOHLE gildet das! (Ich war zu faul, meine Behauptung zu begründen und hoffte, dass mir jemand diese Arbeit abnimmt. Inzwischen sind mir aber selbst sogar zwei Begründungen eingefallen:)

Die These, dass die deutsche Sprache kein Reimwort für "Mensch" im Singular kenne, habe ich zuerst in "Gedanken zum Gedicht" von Robert Gernhardt gelesen. Gernhardt fährt aber fort, dass manche fähigen Kräfte durchaus Reime auf "Menschen" gefunden hätten, und nennt ein Beispiel von Peter Rühmkorf, das ich in Kürze (leider aus dem Gedächtnis) wiedergebe.

Man kann zu Gernhardts Rühmkorf-Beispiel folgenden Dialog konstruieren:

A: Übrigens verwendet Peter Rühmkorf in einem Gedicht das Wort "Bennschen".
B: "Benschen"? Ist das südhessischer Dialekt für "panschen"? Oder "knutschen"?
A: Nein. Es handelt sich um eine Beugeform des Adjektivs "Bennsch".
B: Und was bedeutet das?
A: Das Adjektiv zu "Benn" (Gottfried, dt. Dichter). Rühmkorf tut dies, um folgenden Reim zu ermöglichen:
Peter Rühmkorf hat geschrieben:Die schönsten Reime der Menschen - Nun finden Sie schon einen Reim -
sind die Gottfried Bennschen: Hirn, lernäischer Leim.
B: (Entweder)Aua, aua, aua (oder) He! Das ist ja brillant!

Bei Funny van Dannens Lied fällt der Dialog merklich kürzer aus:

A: Übrigens verwendet Funny van Dannen in einem Lied das Wort "Ranch".
B: Ja, und?

Ich würde also sagen, wenn Rühmkorfs Reim gildet - und wer will sich mit ihm anlegen - gildet Funny van Dannens vergleichsweise unkonstruiert wirkender Reim erst recht.

Trotzdem ist "Ranch" natürlich ein englisches Wort, oder? Die zigtausend Sprachen weltweit dürften zahlreiche Wörter enthalten, die sich zufällig auf "Mensch" reimen. Es wäre nicht besonders kunstfertig, wenn sich jeder im Internet Reime, wie er's braucht, aus dem Kisuaheli oder Inuit zusammensucht.

Mein zweites Argument ist deswegen, dass "Ranch" wider Erwarten ein deutsches Wort ist. "Sport" ist trotz des englischen sport, von dem es abgeleitet ist, ja auch eines. Zumindest deswegen, weil das deutsche Wort anders ausgesprochen wird. Die beiden Wörter sind homograph, aber heterophon, um zwei Fachausdrücke zu gebrauchen, die ich mir gerade aus den Fingern gesaugt habe.

Nun spricht praktisch jeder Deutsche das Wort "Ranch" ja auch völlig anders als Johnny Cash aus! Statt langem "ä" und einem deutlichen "tsch"-Laut klingt es wie "Rensch". Unsere Sprache ist offenbar im Begriff, sich "Ranch" anzueignen (Allerdings wohl nicht damit fertig. Wenn ich den Plural bilden sollte, würde ich nach längerem Überlegen "Ranches" sagen, wäre aber nicht sicher, ob es evtl. "Ranchen" heißt).

Sprachgeschichtliche Spekulation: Das Wort ranch taucht mit Cooper-Übersetzungen, Karl May o. s. ä. im deutschen Sprachraum auf, wird aber zunächst als durchaus fremd empfunden. Vermutlich finden sich bei Brecht oder im Kabarett der 20er Jahre Erwähnungen, bei denen das Wort klein und kursiv steht und nach Kräften des Sprechers so englisch wie möglich ausgesprochen wird. In den 50ern und 60ern entsteht dann durch die Synchronisation unzähliger Western allmählich die gemütliche Aussprache "Rensch", und seitdem ist "Ranch" als deutsches Wort zu bezeichnen. Seitdem hat die deutsche Sprache ein Reimwort auf "Mensch", nur brauchte es bis 1995, bis Funny van Dannen es als erster gemerkt hat.

Tja, wenn das stimmt, muß eine Regel revidiert werden, die so alt wie die deutsche Lyrik ist. Es sei denn, jemand hat ein paar Gegenargumente da...
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