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Larifari
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Beitrag von Larifari »

Adorno hat geschrieben:Was spricht dafür, die deutsche Geschichte nun endlich ruhen zu lassen?
In den letzten sechs Tagen wohl offensichtlich überhaupt nichts bzw. niemand. Mir fällt, ehrlich gesagt, auch nichts ein...

Meinetwegen darf die deutsche Geschichte bis ca. 1920 "ruhen" gelassen werden. Aber solange die Nazi-Geschichte nicht wirklich aufgearbeitet ist, bin ich gegen Ruhe. Besonders, weil "wir" wieder wer in der Welt sind und Deutschland sich so intensiv damit beschäftigt, beispielsweise auf dem Balkan ein "neues Auschwitz" mit typisch deutschen Methoden zu verhindern.
Knickfuß
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Beitrag von Knickfuß »

Larifari hat geschrieben:
Adorno hat geschrieben:Was spricht dafür, die deutsche Geschichte nun endlich ruhen zu lassen?
In den letzten sechs Tagen wohl offensichtlich überhaupt nichts bzw. niemand. Mir fällt, ehrlich gesagt, auch nichts ein...

Meinetwegen darf die deutsche Geschichte bis ca. 1920 "ruhen" gelassen werden. Aber solange die Nazi-Geschichte nicht wirklich aufgearbeitet ist, bin ich gegen Ruhe. Besonders, weil "wir" wieder wer in der Welt sind und Deutschland sich so intensiv damit beschäftigt, beispielsweise auf dem Balkan ein "neues Auschwitz" mit typisch deutschen Methoden zu verhindern.
genau
Knick und ab.
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hessen-hitler
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Beitrag von hessen-hitler »

Knickfuß hat geschrieben:
Larifari hat geschrieben:
Adorno hat geschrieben:Was spricht dafür, die deutsche Geschichte nun endlich ruhen zu lassen?
In den letzten sechs Tagen wohl offensichtlich überhaupt nichts bzw. niemand. Mir fällt, ehrlich gesagt, auch nichts ein...

Meinetwegen darf die deutsche Geschichte bis ca. 1920 "ruhen" gelassen werden. Aber solange die Nazi-Geschichte nicht wirklich aufgearbeitet ist, bin ich gegen Ruhe. Besonders, weil "wir" wieder wer in der Welt sind und Deutschland sich so intensiv damit beschäftigt, beispielsweise auf dem Balkan ein "neues Auschwitz" mit typisch deutschen Methoden zu verhindern.
genau
sehe ich auch so
Robert Mugabe
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Beitrag von Robert Mugabe »

hessen-hitler hat geschrieben:sehe ich auch so
Wohingegen mir nicht einmal gelingen will, es zu verstehen:
Was genau sind "typisch deutsche Methoden"? Bezogen - gemeint sind ja wohl die NATO-Aktivitäten im Kosovo - jetzt speziell aufs Militärische?
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hessen-wohin
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Beitrag von hessen-wohin »

da gibt es nichts zu verstehen, Herr Mugabe. Eine typische reflexartige Assoziation, jeder deutsche militärische Einsatz wird völlig unabhängig vom Zweck und Verlauf mit dem Nationalsozialismus in Verbindung gebracht. Logisch nicht erklärbar, aber durchaus weit verbreitet.
Tischlampe
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Beitrag von Tischlampe »

hessen-wohin hat geschrieben:da gibt es nichts zu verstehen, Herr Mugabe. Eine typische reflexartige Assoziation, jeder deutsche militärische Einsatz wird völlig unabhängig vom Zweck und Verlauf mit dem Nationalsozialismus in Verbindung gebracht. Logisch nicht erklärbar, aber durchaus weit verbreitet.
Weit verbreitet vor allem in Ländereien und deren Stämme, die mal für "deutsche Militäreinsätze" herhalten durften.
Aber sicher nur eine reflexhafte Assoziation, der gegenwärtige Landser samt Befehlsgeber ist schliesslich ein Musterbeispiel an Ehrenhaftigkeit und Integrität, und wer's nicht glaubt, kriegt auf den Kopf.
Tischlampe
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hessen-wohin
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Beitrag von hessen-wohin »

Tischlampe hat geschrieben: Weit verbreitet vor allem in Ländereien und deren Stämme, die mal für "deutsche Militäreinsätze" herhalten durften.
meiner Erfahrung nach in Deutschland weiter verbreitet als im Ausland.
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Larifari
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Beitrag von Larifari »

hessen-wohin hat geschrieben:... jeder deutsche militärische Einsatz wird völlig unabhängig vom Zweck und Verlauf mit dem Nationalsozialismus in Verbindung gebracht.
Was Sie da schreiben, ist gar nicht so verkehrt. Allerdings in einem anderen als dem von Ihnen (vermutlich) gemeinten Sinne. Seit 1999 darf Deutschland wieder so richtig ordentlich in den Krieg ziehen - und die Verbindung mit dem Nationalsozialismus kommt tatsächlich fast reflexartig - von denen, die die Kriege rechtfertigen wollen; deren Kreis erstreckt sich allerdings nicht nur auf die Regierung.
Dies gilt eindeutig für den Kosovokrieg und in Ansätzen auch für Afghanistan und den "Kampf gegen den Terror". Mir kommt das Kotzen, wenn eine deutsche Regierung den Mord an Menschen damit rechtfertigt, daß man ja aus der Geschichte gelernt habe und es nun darum ginge, ein neues Auschwitz zu verhindern. Auschwitz! Ich weiß nicht, ob die Nasen überhaupt wissen, was Sie da für Unsinn erzählen.
Gewiss, Milosevic und Konsorten sind nicht gerade für Demokratie- oder Menschenrechtsliebhaberei bekannt, und ich würde mir Ossama bin Laden nicht zum Kaffee einladen oder mit den Taliban Fußball spielen - aber Auschwitz ist eine etwas andere Kategorie.
Und deswegen darf - meiner Meinung nach - die deutsche Geschichte eben nicht ruhen gelassen werden.

Und um auf den Zweck zurückzukommen, hessen-wohin: was war Ihrer Meinung nach der Zweck jener beiden bisher wichtigsten deutschen "Militäreinsätze" nach 1945?


Wer übrigens das Kotzen anhand des Kosovo-Krieges nachvollziehen möchte, dem empfehle ich den Dokumentationsfilm "Es begann mit einer Lüge".
Tischlampe
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Beitrag von Tischlampe »

Larifari hat geschrieben:Wer übrigens das Kotzen anhand des Kosovo-Krieges nachvollziehen möchte, dem empfehle ich den Dokumentationsfilm "Es begann mit einer Lüge".
Und wer noch weiss, wie sich ein Buch bedienen lässt, bzw. weil sich hier einige Bibliotheksdauerbenutzer befinden (wenn auch nur zum Gratis-surfen), der Buchtipp zum Thema: Serbien muß sterbien. Wahrheit und Lüge im jugoslawischen Bürgerkrieg
Tischlampe
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hessen-wohin
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Beitrag von hessen-wohin »

da dieser auf einmal sehr ernste Ton nicht dem Geiste von Diskursethik Weekly entspricht, habe ich den thread - nach Rücksprache mit Adorno - zerteilt.
Larifari hat geschrieben:hessen-wohin: was war Ihrer Meinung nach der Zweck jener beiden bisher wichtigsten deutschen "Militäreinsätze" nach 1945?
nur Gutes!
Robert Mugabe
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Beitrag von Robert Mugabe »

Larifari hat geschrieben:Wer übrigens das Kotzen anhand des Kosovo-Krieges nachvollziehen möchte, dem empfehle ich den Dokumentationsfilm "Es begann mit einer Lüge".
Der "Freitag" schrieb seinerzeit über diesen Film: »<i>Es begann nicht mit einer Lüge, kann aber mit einer zu Ende gehen. Dann nämlich, wenn sich die Kritiker des Krieges, statt mit guten Gründen zu argumentieren, der Einfachheit halber lieber an die simple Propaganda halten als an die komplizierte Wirklichkeit.</i>« (Norbert Mappes-Niediek, <a href="http://www.freitag.de/2001/11/01110901.htm" target="_blank">Es begann mit keiner Lüge</a>, "Freitag" vom 09.03.01).
Und die "taz" meinte zu ihm: »<i>Der Kosovo-Krieg begann eben nicht mit einer Lüge. Er begann mit Massakern.</i>« (Heiko Hänsel und Rüdiger Rossig, <a href="http://www.taz.de/pt/2001/03/24/a0075.nf/text" target="_blank">Das Muster des Krieges</a>, "taz" vom 24.03.01)
Zuletzt geändert von Robert Mugabe am Mo Dez 06, 2004 4:54 pm, insgesamt 1-mal geändert.
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HellBoy
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Beitrag von HellBoy »

Als meine Wenigkeit noch im Kossovo war, da erzählten mir alle: "UCK, das ist doch nur Graffiti, Wunschdenken"
Dann kamen die US-Friedenbeobachter (alles Mitarbeiter von Executive Action Inc.) und plötzlich gabs eine UCK, die sich z.g.T. aus Unter-und Halbweltgrössen rekrutierte und bestens bewaffnet war.
Merkwürdig wie die taz sagen würde (war leider zu lang)
Kann sein, kann auch nicht sein.
Man weiss es nicht.
Robert Mugabe
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Beitrag von Robert Mugabe »

Vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag steht Vojislav Seselj als mutmaßlicher Kriegsverbrecher - im serbischen Parlament tragen Abgeordnete T-Shirts mit seinem Bild und der Unterzeile Held Serbiens. Seselj, ein früherer Universitätsprofessor und Milizenführer, ist Vorsitzender der <i>Radikalen Partei</i>, die aus den serbischen Parlamentswahlen mit 28% der Stimmen als stärkste von allen hervorgegangen ist.
Der Vorsitzende Richter in seinem Verfahren ist ein Deutscher namens Wolfgang Schomburg.
"Wann immer ich Wolfgang Schomburg sehe, fühle ich mich an Auschwitz, Mauthausen und Jasenovac erinnert," sagt darum Seselj. "Er bringt den Geruch von Krematorien und Gaskammern mit in den Gerichtssaal."
Einsicht oder gar Reue dürfte von ihm oder seinen Wählern auch im weiteren Verlauf des Verfahrens (über das die <i>New York Times</i> heute <a href="http://www.genocidewatch.org/AnotherSer ... ry%202.htm" target="_blank" class=postlink>berichtet</a>) nicht zu erwarten sein. Aber was wird dann nur aus Serbien?
Zuletzt geändert von Robert Mugabe am Mo Dez 06, 2004 4:57 pm, insgesamt 1-mal geändert.
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Larifari
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Beitrag von Larifari »

Wer mit dem Thema Kosovo-Krieg noch nicht abgeschlossen hat, dem sei an dieser Stelle das vor einigen Monaten im Kai Homilius Verlag erschienene Buch "Kriegslügen. Vom Kosovokonflikt zum Milosevic-Prozess" von Jürgen Elsässer empfohlen. Es handelt sich um eine Überarbeitung seines Buches "Kriegsverbrechen. Die tödlichen Lügen der Bundesregierung und ihre Opfer im Kosovokonflikt" (Konkret Literatur Verlag, 2000).
Elsässer, der alte Polmiker, arbeitet in diesem Buch erstaunlich sachlich den Verlauf des Konfliktes im Kosovo auf. Ausgehend von einer erneuten Untersuchung der Geschehnisse im bosnischen Srebrenica im Jahre 1995, die für einige Angehörige der später regierenden rot-grünen Regierung nach eigener Aussage ein Wendepunkt in ihrer Haltung zu (deutschen) Militäreinsätzen gewesen ist, weist Elsässer der deutschen Außenpolitik, der EU und der NATO an etlichen Punkten eine gezielte Eskalation des Konflikts im Kosovo nach. Er stützt sich dabei neben anderen auch auf Dokumente des Auswärtigen Amtes, der OSZE, des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes, des UNHCR und anderer keineswegs pro-serbisch zu nennender Quellen. Daß die Anklage im Prozeß gegen Milosevic in Den Haag Probleme bei der Beweisführung für ihre Vorwürfe hat, ist nach Lektüre dieses Buches wesentlich weniger erstaunlich.
Sollte Elsässer sauber recherchiert haben (und diesen Eindruck vermittelt das Buch), dann begann der Krieg mit wesentlich mehr als nur "einer Lüge".

Am Ende des Buches findet der interessierte Leser eine kurze, aber vielseitige Literaturliste sowie einige Internetadressen, deren Studium es ermöglichen sollte, sich ein eigenes Bild von Ursachen und Verlauf des Konfliktes zu machen. Mehr dazu eventuell "demnächst".

[Puh, meine vorherigen Stellungnahmen sind aber sehr emotional.]
Als sie die Sparkassen privatisierten, habe ich geschwiegen, denn ich war ja keine Sparkasse.
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