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Moderatoren: hessen-wohin, General Amnestie

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Gast

Beitrag von Gast »

Nanana. So ganz einfach haben es unsere Parlamentäre auch nicht. Denken Sie nur an die PDS. Die beiden Schreckschrauben sitzen mittlerweile fast im Foyer, und wenn die eine redet, muß die andere klatschen. Das ist doch menschenunwürdig.
Gast

Beitrag von Gast »

Jessas, das war doch wieder ich.
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Cherno Jobatey
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Beitrag von Cherno Jobatey »

Ich hätte eigentlich erwartet, daß Peter Pawelkas schöne <a href="http://www.superlupo-magazin.de/viewtop ... ight=#9097" target="_blank">Anekdote aus Ägypten</a> für ein wenig mehr Heiterkeit im Strang sorgt. Aber gut. Den Herrschaften ist sie offenbar nicht intellektuell genug.

- Um wieder ganz auf den Anfang zurückzukommen: Bestünde eventuell denn Interesse an einer Polemik gegen Derrida? <a href="http://www.nationalreview.com/comment/c ... 011603.asp" target="_blank">Hier</a>, im neuen 'National Review', wäre sie nachzulesen. Mir persönlich spricht sie ziemlich aus der Seele. Doch gab es hier im Forum ja auch Leute, die Derrida etwas abgewinnen können, nicht wahr?
Was das nur ist, würde ich wirklich gerne verstehen. U.a. habe ich mich zum Beispiel in Richard Rortys Essay <a href="http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3 ... 36-1991744" target="_blank">"Habermas, Derrida und die Aufgaben der Philosophie"</a> vertieft. Doch was hat es mir gebracht? Nun habe ich auch den Glauben an Rorty noch verloren.
(<i>"Anstatt Derrida"</i>, schreibt er z.B., <i>"einfach Ironiker sein zu lassen, machen seine Verteidiger aus ihm einen Quasi-Metaphysiker."</i> - Ich bitte Sie! Oder meint Rorty das seinerseits nur ironisch? Ich begreife es einfach nicht)
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hessen-heidegger
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Beitrag von hessen-heidegger »

Nun, immerhin hat Derrida einiges dazu beigetragen, diese unschönen dunklen Wolken, die nach 45 über mir und meinen Werken aufgezogen sind (ich, ein Naziphilosoph! - hahaha), zu vertreiben und mich wieder in das Zentrum des philosophischen Lebens und Denkens zu stellen. Dafür sei ihm gedankt. Auffallend finde ich, wie oft Derrida erklären muss, er sei wohl missverstanden worden; hat ihn eigentlich überhaupt jemand verstanden? Nicht dass ich hier wiederum missverstanden werde: das ist keine Kritik - je unverständlicher, desto besser!

Da wir ja gerade den 100. von Adorno feiern (Glückwunsch, Teddy!), möchte ich noch die Frage stellen: wer hat denn mehr Sex-Appeal, Adorno oder Derrida? Was meint ihr?
Adorno
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Beitrag von Adorno »

hessen-heidegger hat geschrieben:Da wir ja gerade den 100. von Adorno feiern (Glückwunsch, Teddy!), möchte ich noch die Frage stellen: wer hat denn mehr Sex-Appeal, Adorno oder Derrida? Was meint ihr?
Hm, ganz wertneutral muß ich Jacques hier den Vortritt lassen. Immerhin hat er schon seinen eigenen Film: http://www.derridathemovie.com, von dem ich mir ganz Unerhörtes verspreche. (Einstellung 43: D. sitzt am Schreibtisch, gähnt, kratzt sich am Kopf. Plötzlich: Kichert, pupst, mumelt 'différAnce!" in sich hinein. Fin.).

Stellen Sie sich vor, man würde meine 'Dialektik der Aufklärung' verfilmen. Zum Gähnen. Bis auf das Juliette-Kapitel ("uuuaaaah!", peitschpeitsch).

Achja, apropos Naziphilosoph:

"... unternahmen meine Frau und ich mit Heidegger, seiner Frau und seinen zwei Söhnen, die ich als Kinder oft behütet hatte, einen Ausflug nach Frascati und Tusculum ... Heidegger hatte selbst bei dieser Gelegenheit das Parteiabzeichen nicht von seinem Rock entfernt. Er trug es während seines ganzen römischen Aufenthalts, und es war ihm offenbar nicht in den Sinn gekommen, daß das Hakenkreuz nicht am Platz war, wenn er mit mir einen Tag verbrachte."

K. Löwith, Mein Leben in Deutschland vor und nach 1933. Ein Bericht. Ffm 1989, S. 57


Trug Derrida eigentlich irgendein Parteiabzeichen? Ich meine, außer den Klaus-Laermann-Preis für rasend faselnde Gegenaufklärung.
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Cherno Jobatey
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Beitrag von Cherno Jobatey »

Der Derrida-Film, lieber Adorno, wird in eben jenem Artikel besprochen, auf den ich in meinem vorigen Beitrag hingewiesen habe. Schaun's halt einfach mal <a href="http://www.nationalreview.com/comment/c ... 011603.asp" target="_blank">rein</a>!
(Es wird darin - im Artikel, nicht im Film - übrigens auch kurz geschildert, wie Derrida einmal dekonstruktivistisch einem Antisemiten zur Hilfe eilte, der es nach Derridas Dafürhalten so antisemitisch <i>eigentlich gar nicht gemeint hatte</i>.)
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hessen-wohin
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Beitrag von hessen-wohin »

wenn ich die Derridadebatte mal kurz unterbrechen darf
Robert Mugabe hat geschrieben:...andere [Abgeordnete] schlagen gegen die Türen, weil sie auf die Toilette müssen - doch ohne Erfolg.
na, immerhin haben sie noch gewartet, bis die Tür aufgemacht wurde, im Gegensatz zu Irene J. Smith, einer Stadträtin in St. Louis, die während einer Stadtsratsitzung einfach mal in den Papierkorb urinierte.
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hessen-heidegger
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Beitrag von hessen-heidegger »

Adorno hat geschrieben:Trug Derrida eigentlich irgendein Parteiabzeichen? Ich meine, außer den Klaus-Laermann-Preis für rasend faselnde Gegenaufklärung.
jaja, Lacancan und Derridada - vielleicht auch Adornono? Er hat ja auch den Theodor W. Adorno-Preis bekommen, gibts da eine Plakette mit Ihrem Konterfei drauf dazu? Hätte er sich dann an sein Jackett hängen können.

Cherno Jobatey hat geschrieben:Es wird darin - im Artikel, nicht im Film - übrigens auch kurz geschildert, wie Derrida einmal dekonstruktivistisch einem Antisemiten zur Hilfe eilte, der es nach Derridas Dafürhalten so antisemitisch eigentlich gar nicht gemeint hatte.
einem Antisemiten? Nanana... Derrida, der in seiner Jugend Antisemitismus am eigenen Leib erlebt hat, verteidigt tatsächlich seinen engen und langjährigen Freund de Man, dessen nach seinem Tod bekanntgewordene Artikel, die er während des WK II schrieb, Derrida a painful surprise and an indelible wound nennt - aber keineswegs nur dekonstruktivistisch oder gar unkritisch. Er fragt vielmehr auch, ob es fair ist, das ganze Leben und die Arbeit de Mans wegen dieser Artikel - de Man war 23, als er sie verfasste - in Frage zu stellen.

Und ausserdem... Sie wissen ja, wie das damals so war: als ich Rektor in Freiburg war, musste ich - leider! - auch einige jüdische Mitarbeiter entlassen bzw. bei den zuständigen Stellen auf sie hinweisen... jaja, so waren die Zeiten damals, wenn Sie verstehen, was ich meine.
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Ryan
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Beitrag von Ryan »

Aber in <A HREF="http://www.freiburg.ch" TARGET="_blank">Freiburg</A> haben Sie doch wohl eher Nazigold gescheffelt als sonst was zu tun...
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Cherno Jobatey
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Beitrag von Cherno Jobatey »

Ich danke Ihnen, hessen-heidegger, für Ihre Richtigstellung zum Fall <i>Derrida/de Man</i>.

Ich danke auch Tischlampe für das lange Pohrt-Zitat über Carl Schmitt im Strang <a href="http://www.superlupo-magazin.de/viewtopic.php?t=195" target="_blank" class="postlink"><i>Ein Hausgott fällt vom Altar</i></a>. Ich glaube sofort, daß es die von Pohrt beschriebene Geisteshaltung sowie die dazugehörigen Kreise gibt, denke aber trotzdem, daß man Schmitts Lehren nicht als "Banalität" abtun kann (oder interpretiere ich Pohrts Überschrift da falsch?).

In der heutigen FAZ / Beilage Geisteswissenschaften begegnen sich zu meiner Überraschung nun Foucault und Schmitt, und zwar in einem Bericht über eine Debatte über Giorgio Agamben (von dem ich noch überhaupt nichts gelesen habe). Die Debatte hat im Leibnizhaus in Hannover stattgefunden, diskutiert wurde über <i>»'Bloßes Leben' in der globalisierten Moderne«</i> (i.e.: Biopolitik?), und kritisiert wurde - so der FAZ-Bericht ("Ausgeschlossen" von Oliver Jungen, S. N 3) - von verschiedenen Vortragenden eben besonders dieser Giorgio Agamben. Und jetzt kommt's:
<i>»Die Verteidigung des von den Vortragenden arg gescholtenen Italieners kam dabei vor allem aus den Reihen der Zuschauer, wo sich eine an Michel Foucault geschulte, durch Carl Schmitt gestählte und in der Differenzphilosophie bewanderte Gegenfront auftat.«</i>

Hm. Was hat man sich da nur drunter vorzustellen? Wie auch unter dem, was in diesem Artikel ansonsten noch alles angesprochen wird? Meine Hoffnungen ruhen auf Ihnen, Adorno!
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Ästhetisierungstrend
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Beitrag von Ästhetisierungstrend »

Cherno Jobatey hat geschrieben:...begegnen sich zu meiner Überraschung nun Foucault und Schmitt
das muss einen nicht überraschen, forderte doch kein Geringerer als der Meister der stratégie déconstructrice, Derrida, dem Sie hier so übel wollen, ohne den wir aber weder das Moonsoon Restaurant in Sapporo noch das fantastische Simulationsmodell von Baudrillard hätten, man solle, wenn nicht sogar müsse, Schmitt "neu lesen". Und zwar "gerade heute". Da sind Sie baff, nicht wahr?

Also, ICH werde mir den Derridafilm, von dem ich mir ebenfalls "Unerhörtes" (Adorno) verspreche, anschauen und freue mich schon "heute" (Derrida) darauf.
Adorno
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Beitrag von Adorno »

Cherno Jobatey hat geschrieben:<i>»Die Verteidigung des von den Vortragenden arg gescholtenen Italieners kam dabei vor allem aus den Reihen der Zuschauer, wo sich eine an Michel Foucault geschulte, durch Carl Schmitt gestählte und in der Differenzphilosophie bewanderte Gegenfront auftat.«</i>

Hm. Was hat man sich da nur drunter vorzustellen? Wie auch unter dem, was in diesem Artikel ansonsten noch alles angesprochen wird? Meine Hoffnungen ruhen auf Ihnen, Adorno!
Wenn mal nicht zu unrecht. Ich bitte mir bis zum Wochenende Bedenkzeit aus. Währenddessen empfehle ich Schmitts schönen Aufsatz "Der Führer schützt das Recht" (1934), vielleicht auch Max Benses "Aufstand des Geistes" (1935, n.b. das Kapitel über die "Philosophie der Züchtung": „(...) nur wo die Philosophie in ihren Mittelpunkt Leben und Züchtung setzt, da kann sie sich auch rassischer Elemente bewußt werden. Rasse drückt sich nicht in den philosophischen Begriffen, sondern nur in den philosophischen Stimmungen aus.“), damit wir ganz in die quirlige Rhetorik der flotten Dreißiger eintauchen.

Vielleicht kann mir bis dahin mal einer erklären, wie der sog. Konservativismus nur immer wieder Foucault für sich ausschlachten zu können glaubt. Wohl nicht wegen seines gutbürgerlichen Lebenswandels...?
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hessen-heidegger
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Beitrag von hessen-heidegger »

Adorno hat geschrieben:Vielleicht kann mir bis dahin mal einer erklären, wie der sog. Konservativismus nur immer wieder Foucault für sich ausschlachten zu können glaubt. Wohl nicht wegen seines gutbürgerlichen Lebenswandels...?
das kann ich Ihnen gerne erklären, verehrter Adorno: der Grund hierfür, des Rätsels Lösung, der gemeinsame Nenner - nun das ist natürlich Heidegger, also ich!

Denn ohne Heidegger geht bei den Dekonstruktivisten, Poststrukturalisten und postintellektuellen Postmodernisten gar nichts und das gleiche gilt auch für die - wie Sie richtig bemerken - sogenannten Konservativen.

So wie überhaupt kaum etwas ohne mich geht, kann man doch im Philosophischen Wörterbuch von Schmidt folgendes lesen:

Jeder Philosoph, ja jeder Dichter u. Schriftsteller, der der Welt etwas zu sagen hat, setzt sich, bewußt od. unbewußt, mit Heidegger auseinander. Seine Philosophie eröffnet einen neuen Abschnitt in der Gesch. des europäischen Denkens

Da können Sie nicht mithalten, nicht wahr?
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Ryan
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Beitrag von Ryan »

hessen-heidegger hat geschrieben:Jeder Philosoph, ja jeder Dichter u. Schriftsteller, der der Welt etwas zu sagen hat, setzt sich, bewußt od. unbewußt, mit Heidegger auseinander.
Pardon, Herr hessen-*, aber ICH habe mich bisher noch nie mit Heidegger auseinandergesetzt, geschweige denn zu ihm gesetzt... Ich verbitte mir also solche Unterstellungen. :evil:
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hessen-heidegger
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Beitrag von hessen-heidegger »

nun, lieber Ryan, dann haben Sie entweder a) der Welt nichts zu sagen oder b) Sie haben sich unbewusst mit Heidegger auseinandergesetzt.
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