Der LIDL Skandal - Protest JETZT

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Kostedde
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Der LIDL Skandal - Protest JETZT

Beitrag von Kostedde »

Nachdem die Gewerkschaft Ver.di die Zustände bei der Discounter Kette LIDL offengelegt hat (http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,332210,00.html), gibt es für engagierte Bürger nur eine Konsequenz: Protest auf breiter Front. Demonstrationen mit Transparenten und Flugblättern vor LIDL Märkten.

"LIDL Mitarbeiter: kein Schwein will Euer Gejammer hörn!"

"Faule Klogänger und diebische Kassierer - RAUS aus dem LIDL!"

"Wir Kunden wollen Service, aber ZACK, und keine schwulen "Betriebsräte""

"Solidarität mit der Konzernleitung, die auch auf ihre Kosten kommen muss!"

"Stoppt die Gewinnschmälerung durch Drückeberger beim Palettenwuchten durch Vortäuschung von falscher Müdigkeit!"

Schön wären ein paar Testeinkäufe der Demonstranten, wo man ja mal ein Paket Kaffee in den unteren Milchkarton reintun könnte. Wer darauf immer noch reinfällt, haha!, na, bei dem wurde es dann aber auch allerhöchste Eisenbahn für eine berufliche Neuorientierung.

Als heitere Abrundung der Protestkundgebungen könnten die Demonstranten noch das eine oder andere Gurkenglas "aus Versehen" mal vom Regal fallen lassen. Schliesslich sollte das Schwingen des Wischmobs vor lauter Rumfaulenzen an der Kasse nicht verlernt werden.

Und wer dann noch von Mobbing spricht, hat die Lacher auf jeden Fall auf seiner Seite.
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Eugene Mirman
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Beitrag von Eugene Mirman »

Kostedde hat geschrieben:Und wer dann noch von Mobbing spricht, hat die Lacher auf jeden Fall auf seiner Seite.
... na sie ja wohl nur mich. das im übrigen auch bloß, weil ich gerade selbst bei einem brandneuen, superwitzigen (!!!) themenvorschlag
http://www.superlupo-magazin.de/viewtopic.php?t=1426
merken musste, dass wir, sie und ich, hier ganz alleine sind. und wahrscheinlich bleiben wir es sogar über die feiertage.

kostedde, kennen sie den studenten gerd hofmann, der in akribischen studien nachgewiesen hat, dass doppelkekse seit jahren im preis-leistungs-verhältnis zugunsten der unternehmen manipuliert werden? gerd hofmann hatte auch die lidl-marke "castello riesen rolle" im visier.

werbung:
Bild
wirklichkeit:
Bild
sie schied schlecht ab, die lidl-rolle. und deshalb bekam der konzern, wie viele andere, post.

Sehr geehrte Damen und Herren,

wie würden Sie es eigentlich bezeichnen, wenn Sie eine Ware gekauft haben und der Inhalt dann "etwas anders" als die Abbildung auf der Packung beschaffen ist...Zufall, arglistige Täuschung oder sogar mutwilliger Betrug?
(...)
Darf ich mit einer Stellungnahme rechnen, falls ich Ihnen als Einzelkunde wichtig genug erscheine?

Besten Dank im voraus für Ihre Bemühungen
Mit freundlichen Grüßen

Gerd Hofmann
Anlage: Hülle der Mogelpackung


kch kch kch...

E.M.
http://www.cc86.org/~hofmann/doppelkekse.html
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HellBoy
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Beitrag von HellBoy »

Und von Grafenwalder kriegt man auch mehr Kopfweh als von anderen vergleichbaren Billigbieren!
Jawoll, das mußte mal gesagt werden!
Kann sein, kann auch nicht sein.
Man weiss es nicht.
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zweistein
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Beitrag von zweistein »

Proteste? Ich weiß nicht...


Ich weiß auch nicht, warum wir noch im Lidl einkaufen... das Ambiente ist hässlich und wenig appetitanregend, die Mitarbeiterinnen sind faul, die Geschäftsführung knickig....

Und außerdem ist beim Delikatessen-Fachgeschäft die Beratung viel besser. Da bekommt man als treuer Kunde auch mal eine Geburtstagskarte, Grüße für die Frau Gattin oder Leckerli für die lieben Kleinen - von Geiz keine Spur!
Im übrigen kann man sich die teuren Waren auch problemlos bis in den Vorratskeler anliefern lassen.

Also meine Herrschaften, meiden wir doch die billigen Ausbeuterläden und weisen wir unsere Haushofmeister an, künftig nur noch vom fachkundigen Feinschmeckerausstatter zu kaufen.

Denn wer soziale Arbeitsplätze will, muß sie auch bezahlen...
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MMC
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Beitrag von MMC »

Sie glauben ja gar nicht, wie gut Sie es haben, waehlen zu koennen. Hier in England is das Lidl der einzige (einzigste) Laden, in dem man einigermassen vernuenftige Sachen wie Wurstsalat, Doppelkekse, Klopapier, das einem nicht in der Hand zerbroeseslt und vieles andere mehr (ja, zB. das oben erwaehnte Bier!) erstehen kann. Was fuer den Kreuzberger Mitbuerger tuerkischer Abstammung der "Tuerke" mit seinem Feinkostladen ist fuer uns Deutsche in England Lidl. Aldi gibts zwar auch, aber der ist am anderen Ende der Stadt und hat sowieso nur Quatsch.
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hessen-wohin
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Beitrag von hessen-wohin »

Noch vor wenigen Jahren kaufte ich regelmässig bei LIDL. Dieses Konsumverhalten änderte ich dann sehr langsam und allmählich aber doch konsequent, ohne dass ich dafür einen genauen Grund angeben könnte. Mögliche Gründe sind: neue Wege, die ich ging, Müslisorten, allgemeine Veränderungen der Verhaltensmuster, bedingt durch Veränderungen der sog. Lebensumstände. Eine genauere Untersuchung dieser Tatsachen soll auch nicht Gegenstand des Beitrags sein. Das Konsumverhalten ist ja eine sehr komplexe Angelegenheit.
Als ich dann aber über diesen Skandal las, wusste ich sofort: ich gehe wieder hin! Eine einmalige Gelegenheit, moderne Sklavereimechanismen in vivo zu studieren, die ich mir nicht entgehen lassen konnte. Feldforschung ist ja bekanntlich sehr spannend, der wissenschafliche Gewinn dabei oft nicht unerheblich. In diesem LIDL arbeiteten fast nur, wenn nicht sogar ausschliesslich Jugoslawen, die anscheinend alle miteinander verwandt oder verschwägert waren. Dabei ging es dort, soweit ich mich erinnern konnte, recht gemütlich zu, Gehässigkeiten oder gestresste Gesichter sind mir damals nie aufgefallen. Möglicherweise war ich aber zu sehr mit meinen Einkäufen beschäftig, habe zu wenig, zu kritiklos beobachtet. Das sollte diesmal anders werden: ich wollte auf alles sehr genau achten, jede Kleinigkeit registrieren. Oft sagt ja die Körpersprache mehr als Worte, wie z.B: "Guten Abend" oder "8,79 bitte". Mein Plan war, möglichst unauffällig aber doch aus naher Entfernung die Vorgänge in dem Laden zu studieren, insbesondere wollte ich folgendes sehen: nur eine Kasse ist offen, die Schlange wird ziemlich lang. Was passiert? Klingelt die Verkäuferin nach Hilfe? Falls ja, wie reagiert diese? Gibt es böse Blicke? Kommt vielleicht der Chaf vorbei? Ausserdem: dieses typische Aufräumen der Regale. Wird das von jemandem überwacht? Wird der Aufräumende zur Schnelligkeit ermahnt? Wirkt er gestresst? Natürlich war mir klar, dass ich dazu wohl längere Zeit im Laden würde verbringen müssen, vielleicht müsste ich sogar 2 mal kommen. Andererseits kann man nur so die die auf den ersten Blick nicht sichtbaren Strukturen offenlegen. Denn dem Strukturalismus sollte meine Arbeit verpflichtet sein: den ältesten Jugoslawen, den ich für den Chef hielt, wollte ich alpha nennen, seine mutmaßliche Frau, an deren Damenbart ich mich noch gut erinnern konnte, beta. Die grösste Gefahr sah ich in anderen Kunden, die ebenfalls allzugenau hinschauten, allerdings rein voyeuristischen motiviert. Dass nämlich jeder, der in diesen Tagen den LIDL besuchte, nach irgendwelchen besonderen Zeichen der Unterdrückung in Gesichtern der Angestellten suchen würde, davon war auszugehen; das könnte unnatürliches Verhalten der Beobachteten zur Folge haben. Das wollte ich berücksichtigen bei meinen Überlegungen. Die Idee, eine extreme Situation, in der die Spannungen der sozialen Prozesse des Systems LIDL schlagartig sichtbar wurden, künstlich und absichtlich herbeizuführen, indem ich etwa eine Flasche fallen liess, gab ich auf. Dazu bin ich dann vielleicht doch nicht Feldforscher genug.

Stellen Sie sich nun meine Überraschung vor, als ich dann hinging und keinen meiner Objekte vorfand! Anscheinend wurde, und das wohl erst vor kurzem, die ganze Mannschaft ausgetauscht; die alten Jugoslawen wurden ersetzt durch sehr junge, dauernd lächelnde, sehr dynamisch wirkende Menschen mit gelben Bändern um den Hals, auf denen "100% Zufriedenheit" oder sowas stand - die Prototypen eines BWL-Studenten. Ich war schockiert. Dass diese wahrscheinlich in irgendeiner geheimen Fabrik geklonten Verkäufer sich nichts anmerken lassen würden, war mir sofort klar. Den Rest gab mir folgende Szene an der Kasse: irgendetwas muss storniert werden, doch anstatt missmutig einen Fluch vor sich hinzumurmeln, lächelt der Kassierer den Kunden mit seinem breitesten Lächeln an, gibt einem völlig überraschend im Hintergrund aufgetauchten anderen LIDL-Mann einen Wink, den dieser sofort richtig interpretiert und unserem Mann daraufhin den Schlüssel zuwirft, mit einer sehr eleganten Handbewegung. Ebenfalls sehr lässig wird der Schlüssel dann aufgefangen, ruck-zuck die Stornierung durchgeführt, wieder das breite Lächeln: "bitte schön". Kein Werbefilmer könnte sich das perfekter ausdenken. Ich ging dann sehr niedergeschlagen nach Hause.
Gast

Beitrag von Gast »

Hätten Sie sich doch als Filialleiter beworben und sowas(http://cgi.ebay.de/ws/eBayISAPI.dll?Vie ... 1&tc=photo) gekauft, dann wäre ich bei Ihnen Stammkunde geworden, aber so.
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Eugene Mirman
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Beitrag von Eugene Mirman »

hessen hat mit seinem bewunderswerten methodischen skeptizismus und seinem ausgeprägten sinn für fremdstehen genau getroffen, was kostedde vermissen lässt [gast selbstredend...]: es muss in diesem strang um mehr gehen als um zynisches gemecker. wir brauchen grundlagen (!) zur sozialkritik und keine forderungen, wie sie jeder nach ein paar dosen grafenwalder zusammenbringt! (pfui!)
wir brauchen zweifelsfrei qualitative daten über die wahren zustände im LIDL, daten, wie sie hessen in vorbildlicher weise bereitstellen konnte, aber auch solche wie sie student gerd hoffmann liefert! denn in unserem kulturverständnis - dem einzigen dem strang angemessenen -wollen wir ganzheitlich, neben der sozialen auch die materielle dimension des feldes sinnverstehend usw...

folgender erschütternder befund:
LIDL verramscht auf seiner homepage all die filialen, die ihm offenbar zu heiß wurden. was müssen das für arbeitsbedingungen sein, unter denen prinzipiell jeder kunde an der kasse nach dem fortschritt der verkaufsverhandlungen des eigenen arbeitsplatzes fragen kann? ent-würdigend ! wie hier...
Objektadresse: 04758 Oschatz-Lonnewitz
Ulanenweg 1
Verkaufsfläche:520 m²
Nebenfläche:137 m²
Parkplätze:138


Bild

die berechtigte frage lautet nun freilich: sind solcherlei beobachtungen denn von genügender reichweite, um auch endlich etwas über die
Bedeutung der Sprachspiele Wittgensteins für die analytische Religionsphilosophie
aussagen zu können?
ein sich dunkel in gang setzender denkprozess, statt einer abschließenden antwort:

http://www.yuma-online.de/lidl.jpg

E.M.
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hessen-wohin
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Beitrag von hessen-wohin »

Eugene Mirman hat geschrieben: die berechtigte frage lautet nun freilich: sind solcherlei beobachtungen denn von genügender reichweite, um auch endlich etwas über die
Bedeutung der Sprachspiele Wittgensteins für die analytische Religionsphilosophie
aussagen zu können?
Die Bedeutung der Sprachspiele Wittgensteins für die analytische Religionsphilosophie: ein Thema, das einen nicht loslässt, das beschäftigt. Lange Nächte kann man darüber nachdenken: waren diese Sprachspiele für die analytische Religionsphilosophie jetzt von Bedeutung oder nicht? Oder was? Ähnliches thematisiert allerdings eventuell eine Veröffentlichung aus der Schriftenreihe der Wittgenstein-Gesellschaft "Wittgensteins Sprachspiele und ihre Bedeutung für die analytische Religionsphilosophie" (Hrsg. E. Leinfellner u.a., Wien 1978). Ein Zufall? Sollte uns dieser Verein zuvorgekommen sein und die Frage nach der Bedeutung der Sprachspiele Wittgensteins für die analytische Religionsphilosophie halbwegs brauchbar beantwortet haben, so kann man fairerweise nur sagen: "Hut ab, Jungs! Das nächste mal sind wir aber schneller!". Hoffentlich
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Prof. Adorno
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Beitrag von Prof. Adorno »

Ja, der LIDL. Ich muß zugeben, auch ich habe mich anfangs gescheut, in dieses Heiligtum zu Sais, in diese eleuisinischen Mysterienspiele einzutreten,aber angeregt durch die hier vorgetragenen Exempla "rettender Kritik" (Benjamin) wage ich, hier auch meinen Teil beizutragen.

"Weil i auf an Strukturalismus eher pfeif'" (Huaberbauer), bemühte ich bei meinem gestrigen soziologischen Probeeinkauf ausnahmsweise um eine ideengeschichtliche Lesart. Als alter Blumenbergianer verstand ich dabei die LIDL-Kultur als ein dezidiert neuzeitliches Phänomen, ein solches nämlich der Säkularisierung. Daß das moderne Leistungs- und Arbeitsethos nichts anderes sei als Gradmesser verweltlichter Heiligkeit - im LIDL bestätigt sich diese These des Meisters wie jede andere und überall anders auch. Nichts, was nicht in gut Weberscher Tradition durch gewieftes Reflektieren auf seinen metaphysischen Ursprung hin rückführbar wäre - das Kultbesteck (Kasse, Pfandflaschenrücknahmekiste), die rituelle Gewandung (eine Art blauer Sack), die heiligen Insignien (Schirftzug "LIDL"), der symbolische Tausch (Geld gegen Ware an der "Kasse"), die hieratische Sprache ("Frau Blobel, bitte 16 an 4"). Ist aber nach Blumenberg in ungewohnt scharfer Wendung eben gegen Weber der Begriff einer "Kulturschuld" gänzlich abzulehnen, so steht man dann aber plötzlich wieder ohne alles hermeneutische Rüstzeug da. Stichprobenartige Versuche empirischer Sozialforschung ("Haben Sie Wäscheklammern?") lassen das hermeneutische Vakuum eher noch größer erscheinen ("weeß nisch, ma' fragn"), als es zu füllen. Aber dann doch: die konkrete Utopie! Denn: "Es ist gleichgültig, ob ein paradiesisch-befriedigter Zustand weltlich oder unweltlich irdisch-messianisch oder himmlisch ist - entscheidend ist, ob dieser Zustand leistungstranszendent oder leistungsimmanent ist." (Blumenberg a. a. O.). Hier sprengt LIDL das Schema. Die an ihn gerichtete Heilserwartung könnte man mit spitzer Zunge als transleistungsteleologisch-posthistorisch-kommunistisch bezeichnen. Geschichte ist ausgelöscht - der trübe Schein der Neonröhre läßt zu keiner Gelegenheit die Uhr- oder Jahreszeit erahnen. Die langen Öffnungszeiten (von 8 bis 8!) fallen mit dem menschlichen Aktivitätszyklus überhaupt zusammen - das Paradies steht dem Menschen zu jedem Moment seines bewußten Daseins offen, und wer schläft, sündigt nicht. Auch jedes zielführende Arbeiten ist aus diesem Ort verbannt: man sieht kaum einen Mitarbeiter, und wenn doch, dann tut er nichts oder wenig. Die Bewegung der Schlangen an den Kassen vollzieht sich unterhalb der menschlichen Wahrnehmunsschwelle. Trotzdem scheint niemand unglücklich. Die posthistoire hat ihre Versprechen eingelöst: allgemeiner Wohlstand bei allgemeiner Lethargie. Pfeffer, noch im Mittelalter das eigentliche "schwarze Gold", ist hier für wenige Eurocent zu haben. Ein Beispiel unter vielen. Das spezifisch Posthistorische am LIDL vollzieht sich "meines Erachtens nach" (beliebter Internet-Agrammatismus) besonders in der "Immer günstig!"-Kampagne. Andere Unternehmen dieser Art haben saisonal abhängige, in jedem Fall zeitlich gebundene Sonderangebote - im LIDL sind sie in die Ewigkeit eingeschrieben. Ist Sälularisierung darüberhinaus auch zu verstehen als "Prozeß der Dissoziierung von Wahrheitsidee und theoretischer Effektivität" (Blumenberg), so trifft auch diese erkenntnistheoretische Position das Leben im LIDL. "Mind. 15% Butter!", verspricht die Beschriftung des Kaffeekuchens. Eine genaue Messung ist nicht möglich, vor allem aber nicht nötig, immerhin die marginale Ausweisung des Köstlichkeitsgehalts als theoretisch zureichend gesetzt. Es geht nicht um den "wahren" Gehalt - viel zu platonisch gedacht! Nein, ein Mindestgehalt ist technisch wesentlich effektiver festzuhalten und verspricht darüberhinaus noch das "mehr, immer mehr" der neuzeitlichen Fortschrittsidee. "Mind. 15% Butter", das könnten 17, wenn's gut läuft sogar 21% sein. "Daß ich entfernt sei von aller Wahrheit!", psalmierte Nietzsche von Sils Maria herab ins Tal. Heute müssen wir nicht mehr so weit reisen. Nämlich nur in den LIDL.
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rue-tigre
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Beitrag von rue-tigre »

So protestiert man in Amerika.
Dieser nette Lidl-Man wurde allerdings nach der Internetveröffentlichung dieses Fotos gefeuert!
Dabei sollte es nur ein Spass sein!
Bild
A Wal-Mart worker showed a photo of himself wearing
only a sack.

By CLARK KAUFFMANCLARK KAUFFMAN
REGISTER STAFF WRITER
January 7, 2005

A 65-year-old Wal-Mart greeter has been fired for
greeting customers with a computer-generated
photograph of himself wearing nothing but a Wal-Mart
sack.

Dean Wooten was fired in September from his job as a
greeter at the Muscatine Wal-Mart store where he had
worked for seven years, state records show. He was
accused of greeting customers with a picture of
himself in which he appeared to be naked except for
the carefully placed sack.

Wooten allegedly told customers that Wal-Mart was
cutting back on expenses and that the sack represented
the new employee uniform.

After some customers complained, a supervisor told
Wooten not to display the picture. Five days later,
after more customers complained, Wooten admitted he
had brought the picture back to work and had been
showing it again to customers. He was fired that day.

Wooten applied for unemployment benefits but was
denied by Administrative Law Judge Susan Brightman,
who ruled that "a reasonable person would know the act
of showing a naked body wearing a Wal-Mart sack would
not be good for the employer's business."

Wooten said he thought customers would find the photo
amusing. It wasn't intended to be critical of
Wal-Mart, he said.

"I didn't have nothing against Wal-Mart," he said. "A
friend of mine got the photo of the body off the
Internet, and he had a picture of me and he put my
head on it. When I first seen it, I pretty near died laughing."
Wer einmal in den Urgrund schaut
ist nachher nur noch halb so laut!
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MMC
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Beitrag von MMC »

Um Aldi und Lidl und so weiter (wussten Sie, das 96% aller Deutschen schon mal im Lidl gekauft haben?), ausserdem diverse Deutsche und Englaender-Klischees geht es in dieser BBC4-Emission:

http://www.bbc.co.uk/radio4/youandyours ... 0223_6.ram


(Es handelt es sich um eine 15-minuetige Radiodokumentation)
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Pelzer
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Beitrag von Pelzer »

darum sagt der engländer wohl auch: he got the sack...
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MMC
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Beitrag von MMC »

Da sich ja zur Zeit alle Printmedien einig sind, dass die Stiftung Warentest die billigen Lidl-Tickets in Bausch und Bogen verdammt, lohnt sich durchaus ein Blick zum Original:

http://www.stiftung-warentest.de/online ... 60689.html

Inhaltlich ist mir das weitestgehend egal was da so erzaehlt ist, jedoch hat die Struktur dieses Beitrages geradezu Lenin-Kolumnen-Charakter indem subtil ironisch am Ende der Bogen zum Anfang geschlagen wird, leider, vermutlich ungewollt:
Stiftung Warentest hat geschrieben: Der Tarifdschungel der Bahn wird immer undurchsichtiger.

[....]

Wer letztlich keine Tickets abbekommt, muss aber auch nicht traurig sein: Es gibt zahlreiche andere Angebote, die Bahnfahren zum Teil sogar preiswerter machen als das Lidl-Ticket. Beispiele hierfür: das Schöne-Wochenende-Ticket, das OstseeTicket, die Ländertickets und sonstige saisonale Specials.
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IM Notar
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Beitrag von IM Notar »

Da schüttelt's und graust's "Fischfreund" und "Weißen Hai" doch gleichermaßen:
http://www.unterwasserwelt.de/html/hai_bei_lidl.html
Slipping in the bathtup is a very common household mishap.
http://www.barbneal.com/wav/ltunes/daffy/Daffy13.wav
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