Der deutsche Film

Gebleichter Zellstoff, Vinyl, Zelluloid und ... ja ... Mist, woraus besteht TV?

Moderator: hessen-wohin

Seeßlen

Beitrag von Seeßlen »

Danny hat geschrieben:
Da möchte ich doch mal so ganz frech (...)

von Christoph Schlingensief empfehlen.
Ich würde Schlingensief heute wahrscheinlich auch mit komplett anderen Augen sehen, wäre ich nicht zutiefst durch die Worte des großen Karl Dall beeinflußt, der vor einigen Jahren mal sinngemäß zu Schlingensief sagte:"Jungchen, wärest Du auch nur ein bißchen in der Lage, Dich klar und verständlich auszudrücken und nicht immer nur von Dir selber zu labern, würden Dich vielleicht einige Leute richtig gut finden.."

Ich empfehle dagegen bedingungslos das filmische Gesamtwerk des leider halbvergessenen Klaus Lemke ("Rocker" - über brutale Moped-Lads in den wilden 70ern) sowie die Machwerke mit dem Ex-Berufsboxer Rene Weller in der Hauptrolle (leider bislang nur als VHS erhältlich). Weller-Filme tun zugegeben sehr weh, haben aber auch etwas schwer Kathartisches. Zu Helge Schneider kann ich nur sagen, dass ich noch nie derartige Bilder im Film gesehen habe, wie damals in der "Praxis Dr. Hasenbein": diesen übermenschlichen Mut, den Zuschauer richtig langweilen zu wollen, bis er schier aggressiv wird (Das minutenlange Ball-an-die-Wand-dotzen des "Sohnes" von Dr."Angelika" Hasenbein, das stete Mit-dem-Mofa-in-die-Praxis-reinfahren von Fr. Doktor - einfach phänomenale Bilder!). Ich frage mich auch, wie es weitergehen soll mit dem deutschen Film ohne unsere großen Mimen, wie z.B. Kurt Raab, Helmut Fischer, Curd Jürgens, Barbara Valentin, Günther Kaufmann, Wolfgang Kieling usw. usw. Man sollte wenigstens mal im Fernseh wieder die wunderbare VIP-Schaukel mit der gottähnlichen Margret Dünser reanimieren, um diese tollen Leute mal wiedersehen zu dürfen.
Gast100

Beitrag von Gast100 »

MariaTequila bängbängbäng hat geschrieben:"Nekromantik"
In der Tat ein Klassiker. Andere Werke von JB sind aber auch nicht zu verachten (z.B. Schramm).
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Belle Tristik
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Beitrag von Belle Tristik »

Über Tykwer/Eichingers "Das Parfüm" hingegen muss man zum Glück nicht mehr viele Worte verlieren. Es bleibt eigentlich nur zu erwähnen, dass es sich bei den angeblichen "Mirabellen" in dem Korb, nach ca. 10 Filmminuten, ganz offensichtlich um Reineclauden handelt. Und genau so geht es halt ca. fünf Stunden weiter.
"Verlage brauchen ihre Produkte nicht mehr als Kunst auszugeben. Die Wahrheit, daß sie nichts sind als Geschäft, verwenden sie als Ideologie, die den Schund legitimieren soll, den sie vorsätzlich herstellen." (E. Herman)
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Prof. Adorno
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Beitrag von Prof. Adorno »

Gottseidank! Es gibt außer mir offenbar noch eine weitere Person auf der Welt, die Reineclauden von Mirabellen unterscheiden kann! Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie oft ich schon, nun, fruchtlose Diskussionen mit pomologischen ignarii führen mußte, die diesen Unterschied zum Inhalt hatten (doch: genau einmal!)
Ich bin gut informiert. Ich weiß viel. Ich habe viel Material.
Weltalltag-Man
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Beitrag von Weltalltag-Man »

Tja, erst gestern kam ich in die Verlegenheit Helge Schneiders "Texas" zu sehen - es war wundervoll!

Das schöne daran war auch, daß ein Argentinier mit diesem Film auf mich zukam, den ich selber "angefixt" hatte, ihm also mal meine 00Schneider-DVD ausgeliehen hatte, weil er mal eine deutsche Komödie sehen wollte, ich ihn schon warnte, es könnte einige Längen geben - zwei Tage später gab er mir den Film mit der Bemerkung zurück, ihn schon 3 mal gesehen zu haben. Ich selber hatte es bis dato nicht geschafft, den ganzen Film zu sehen, scheiterte immer den Szenen in Nihil Baxters Haus. (Interessanterweise hatte ich nach dem Verschlingen etlicher DavidLynch-Essays damit überhaupt kein Problem mehr und auch mein Bekannter mag Lynch - anscheinend auch ein möglicher Zugang zu Schneiders Filmen.)

Zu "Leutnant" Helmut Körschgen, in den ich mich beim 00Schneider mittlerweile verlieben könnte, wie er so am Fensterbrett raucht und herzlich in die Kamera schaut, gibt es jetzt übrigens eine Fan-Seite. Mehr solcher Männer braucht das Land, meine ich.
hebe-eck
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Beitrag von hebe-eck »

:mrgreen:
Zuletzt geändert von hebe-eck am Fr Feb 01, 2008 5:42 pm, insgesamt 1-mal geändert.
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Negation
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Beitrag von Negation »

hebe-eck hat geschrieben:Dazu noch dieses dezente, wissende Lächeln - so als wollte er allen sagen: na, ich mach mal den ganzen Schwachsinn hier mit, ist ja ganz lustig – hier beweist Schneider, ähnlich wie vielleicht der Fassbinder ganz früher, sein glückliches Händchen für die Entdeckung toller Nachwuchskräfte.
Nur schade, dass die Nachwuchskraft Körschgen erst so spät entdeckt wurde und mittlerweile verstorben ist.
~~Hier entsteht demnächst eine neue Signatur für Sie.~~
Weltalltag-Man
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Beitrag von Weltalltag-Man »

hebe-eck hat geschrieben:Das ist alles feinste, vom Aussterben bedrohte Vorwende-Trinkhallenkultur-Nostalgie, die ins moderne Kino rübergerettet wurde.
Das muß wohl ein Teil von dem sein, was mich jetzt bei beiden Filmen berührt hat, es hier doch mit etwas "authentischem" (auweia...) zu tun zu haben, jenseits aller Entfremdung. Aber vielleicht bin ich auch einfach schon zu lange in einem kleinen Studentenkaff voller Kurzlebigkeiten.

Von Faßbinder kenne ich jetzt nur den halben "Angst essen 'Seele' auf", hat mir gefallen, diese Einfachkeit und Reduktion und so.
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