Missglückte Romananfänge, -enden, -mittelstücke usw.

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BLUBBER
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Beitrag von BLUBBER »

Als Gregor Samsa eines Morgens aus unruhigem Schlaf erwachte, stellte er fest, dass die Energie der kosmischen Hintergrundstrahlung noch langwelliger ist. Sie liegt zwischen 0,5 und 5 mm. "Zarathustra!", schrien alle die beisammen saßen, "Die Reinigungskette ist so zu führen, dass sie, in mehreren Windungen um die Hand gelegt, in einem Zuge durch das Rohr gezogen wird, stellen sie über das Objekt Application ein.".
Wenn es darum geht, Daten in diverse Formate zu exportieren, kann statt Fett auch kleingeschnittener Speck und anstelle von rohen Äpfeln auch Apfelmus genommen werden. Seit zwei Jahrzehnten pflanze ich in dieser armen Gemeinde die zarten Keime der Humanität, jeder, der bereit ist, für seine Sache zu sterben, könnte schließlich irgendwann die Bombe hochgehen lassen. Ich sage ja gar nicht, dass Osama offenbar auch pd-Hybridorbitale zur Bildung von pi-Bindungen benutzen kann, soweit er dass im blauen Schein der Nachttischlampe erkennen konnte, die man zu seiner Linken hatte brennen lassen. Tian Dan wusste nun, dass seine Soldaten für jedes Unternehen bereit waren. Doch statt seines Schwertes nahm er eine Hacke in die Hände und befahl, dass ein Walfriedhof nicht ganz der richtige Ort sei, um darauf rumzustampfen.
Während ich ihn betrachtete, war ich mir die ganze Zeit über bewusst...
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Prof. Adorno
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Beitrag von Prof. Adorno »

Mißglückte Romananfänge international: Der Bulwer-Lytton Fiction Contest!

Ruffel, war Ihnen bei Gründung dieses mittlerweile prachtvoll angeschwollenen Strangs eigentlich dieser Wettbewerb bekannt? Er hat offenbar exakt die gleichen Ziele wie unser kleiner Spaß hier, allerdings gibt es auch noch ein saftiges Preisgeld.

Benannt ist der Wettbewerb nach Edward Bulwer-Lytton, einem britischen Erfolgschriftsteller des 19. Jahrhunderts. Neben seinem bekannten Hauptwerk, Die letzten Tage von Pompeji, ist er mit seinem Roman Paul Clifford auch der Erfinder des berühmtesten mißglückten Romananfangs schlechthin, nämlich: "Es war eine dunkle und stürmische Nacht. Der Regen fiel in Strömen."

Wie der Gründer des Wettbewerbs, Prof. Scott Rice von der San Jose State University herausfand, hat Bulwer-Lytton dieses strahlendhell mißglückte Satzmonster als allererster zusammengemurkst, um ihn fortan einen beispiellosen Siegeszug um die Welt antreten zu lassen (übrigens neben weiteren Bestien wie "the pen is mightier than the sword" und "the almighty dollar").

Um das hohe Erbe Bulwer-Lyttons in Ehren zu halten, prämiert die Universität seit 1982 also den schlechtestdenkbaren Romananfang - in diesem Jahr zum Beispiel Jim Guigliaus Carmichael, Kalifornien, der nach eigenen Angaben an dem Wettbewerb teilnahm, um "meine Demenz in schöpferische Bahnen umzulenken". Sonderpreise gibt es in den Bereichen Abenteuerroman, Kinderliteratur, Fantasy, Sci-Fi, Riesentitten ("special salute to breasts category") und viel mehr. Die Lektüre der Wettbewerbsgewinner lohnt uneingeschränkt.
Zuletzt geändert von Prof. Adorno am Do Jul 20, 2006 5:27 pm, insgesamt 1-mal geändert.
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ruffel
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Beitrag von ruffel »

Tag, Herr Adorno! Nein, den Wettbewerb kannte ich nicht! Ich werde da unter Umständen mitmachen, wenn meine ...Taste demnächst wieder funktionieren täte. Ich meine die Taste zwischen k und ... mist, die neben dem ä tut es auch nicht, aber die braucht man ja auch nicht so oft wie die rechts vom k!

Bitte ab jetzt hier nur noch verdorbene Romananfänge ohne diese beiden Buchstaben reinschreiben!

Tausend Dank
Ruffe
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Prof. Adorno
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Beitrag von Prof. Adorno »

Reality-Roman [Fragment]


Alles schien so gut zu laufen für Familie Kah. Doch dann der Riesenschock: wegen eines kleinen Fehlers im Kleingedruckten vom Vertrag ist das Leben jetzt ein Albtraum für die Kahs. Vor der Kamera bricht Frau Kah in Tränen aus. Unser Team versucht zu helfen: ohne ihr Wissen lassen wir von einem Fachmann einen kleinen Fehler in ihre Spülmaschine einbauen, den jeder ehrliche Handwerker sofort finden müßte. Über eine versteckte Kamera kann der Spülmaschinensachverständige Hiltmar Eff das Treiben der zehn verschiedenen Handwerker beobachten. Sein Urteil ist vernichtend. Doch was er nicht weiß: sein Treiben wird von zehn Sachverständigensachverständigen mit versteckter Kamera geprüft. Ihr Urteil: vernichtet. Mit dem Team fahren wir zum Haus des Vermieters von Hiltmar Eff, klingeln Sturm. Der Vermieter, Karlheinz Beh, läßt sich zuerst verleugnen. Brutale Übelst-Abzocke. Erst ein Anruf von zehn anderen Vermietern schafft Ruhe. Doch das Urteil des Bundesgerichtshofs bringt nicht die erhoffte Erlösung.

Solche und ähnliche Fälle sind das tägliche Brot von Dietmar Zeh, dem Professor für Faschismusforschung an der Universität Geh. Wir treffen ihn in seinem Sprechzimmer an der Uni. Doch ohne sein Wissen haben wir in dem afrikanischen Land Uh einen rassistischen Völkermord veranstaltet. Mit der versteckten Kamera fangen wir seine Reaktion ein, als er davon hört. Das Video beweist es, und Zeh wird dem Internationalen Strafgerichtshof für Verbraucherschutz vorgeführt. Während der Vorsitzende Richter Ulf Hah die besondere Schwere der Schuld feststellt, sind wir mit dem Kamerateam in die Wohnung von Richter Ulf Hah eingebrochen, um überraschend alles zu renovieren. Runter mit den häßlichen Tapeten, rauf mit den Pastellfarben. Freche Raumteiler runden alles ab. Richter Ulf Hah wird Augen machen. Doch während der Renovierungsarbeiten machen wir einen grausigen Fund. Im Arbeitszimmer von Ulf Hah finden wir ein Handy mit ultrabrutalen Gewaltvideos. Als wir die Mutter des Richters, Gudrun Hah, darauf ansprechen, weiß sie keinen Rat, ist hilflos. Grund: sie ist altersdement, sitzt seit Jahren im Heim. Quatscht dummes Zeug, wartet auf Anrufe von Freunden, die längst gestorben sind. Schlimm. Doch wenn Sie Gudrun Hah jetzt anrufen, haben Sie 100 Euro garantiert und die Chance auf den Jackpot von sageundschreibe. Mit solchen und ähnlichen Tricks versuchen brutale Fernseh-Abzocker wie wir alles auszulöschen. Wir fahren zum Haus von uns, klingeln, verlangen eine Stellungnahme. Unsere Lebenspartner versuchen abzuwiegeln. Dann der Schock: unsere Lebenspartner sind oben undicht, Wasser dringt ein. Pfusch am Körper-Bau. Mit dem Team waren wir zum Haus von Gott, klingeln Sturm. Doch…
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Beitrag von Weltalltag-Man »

BarocKokooning 3000

Hey Baby, ich habe über vns zweene nachgedacht: In dieser wüsten Heyd' seyest du eine vun gar wenig Frawen, die nicht aus Plastik bestehet, wie Du mir schmierest die Fleischsalatbrote in Mitten gefüllter Pampers vnseres Kleinen.

Dessen will ich erinnern, wie wir den Wodka-Redbull trancken, die süsse Sucht, darob Du erzählest von deinen geheymsten Wunsche im Leben vnd ich, gantz vun anderem Verlang ergriffen, sah bloß schwartzes Gekäfer an der Wand. Ja, meyn Schatz, viel haben wir durchgemacht, werde ich bisweylen seltzam, schrey ohne Rhu das Fernsehgerät an vnd verpisse mich beizeyten, bevur eine große Thorheit ich begänge. Aber beyderseit bemühn wir uns, auch als vnser Papagey eingegangen: so ein trawrig Schlag führ dich ob deiner Liebe fvr Thiere.

Vnd ich riss als Kinde manchem Käfer die Beyne aus vnd kloppte allerley Ameisencörper platt. An vnserem ersten Date thaten wir „Verbotene Liebe“ beschawen wann meyne Finger fummelten an deinem Kleydt, o Tschenny, dein Angesicht' und rosenrother Mund, welch trefflig Abend in Castrop-Rauxel.

Jetzund haben wir vnser eygen Hauß: deyne Rosenquarzlampe auff dem Fensterbrette, mein Schießeisen im Schrank, welche beyde vns vor frembden Geiste schützen mögen; Cornflakes auf dem Flur vnd die Fernbedienung vnsauber von HiPP-Babybrei. Darumb laß vns jetzt genießen der Jugend Frucht.

[entstanden beim Hören von Kool Keith aka Dr Dooom's "Welfare Love" und Durchblättern von Martin Opitz' Gedichten]
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Prof. Adorno
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Beitrag von Prof. Adorno »

Epiphanie
nach Hermann Broch


Zuerst schien alles wie ein ganz normaler Recruiting Event. Heiko Betulich hatte sich extra eine Bügelfalte in die Hose machen lassen, hatte seine besten Zeugnisse und seine zweitbeste Laune mitgebracht und spazierte mit angestrengter Lässigkeit durch die Menge, hier und da ein paar Worte mit den Headhuntern wechselnd. Natürlich durfte man ihm nicht ansehen, daß er den Job brauchte; zugleich sollte er auch nicht desinteressiert wirken. Ein nettes Corporate Girl besah sich gerade seine Empfehlungen, nickte mit geheuchelter Anerkennung, sprach von guten Aussichten in einem aufstrebenden jungen Unternehmen, während sie die üblichen Fragen herunterleierte: "Das ist alles sehr überzeugend, Herr Betulich. Wo genau sehen Sie Ihre Stärken? In welchem Bereich glauben Sie, für unser Unternehmen ganz besonders kreativ hervortreten zu können? Kurz: wer sind Sie?"

Diese letzte Frage hatte einen fatalen Effekt auf Heiko, über dessen genauere Ursachen sich die Gelehrten streiten können. Eine kurzzeitige Anomalie im nicht eben ausgewogenen Hirnstoffwechsel, vielleicht verursacht durch einen ganz besonders schlechten Caipi am Vorabend; die Lektüre einiger esoterischer Beraterbüchlein am letzten Wochenende; eine Durchblutungsstörung des Rückenmarks durch die krampfhaft lockere Haltung, die er schon seit dreieinhalb Stunden einzunehmen gezwungen war: irgendetwas sorgte dafür, daß jene Frage eine Informationskaskade in Heikos Hirn auslöste. Tausende Konzepte verquickten sich miteinander innerhalb von Millisekunden; eine Unzahl uneingestandene Sehnsüchte, halbfertiger Gedanken und kultureller Meme bildeten spontan ein vierdimensionales Netzwerk von atemberaubender Komplexität aus, während das Unterbewußtsein dicke kognitive Schokoladensauce über all dies träufelte. In Windeseile sprang Heikos Bewußtsein von der einfachen Antwort auf die Frage, "Heiko Betulich", hinüber zu biographischen Intimitäten, zu vergessenen identitätsphilosophischen Platitüden aus dem allzu lang zurückliegenden Religionsunterricht, sprang hinauf in die so selten besuchte Welt abstrakter Kategorien, löste durch puren Zufall Probleme, mit denen sich die größten Wissenschaftler und Mystiker Jahrtausende lang vergebens gequält hatten, raste zu den wie eisige Diamanten strahlenden Prinzipien "Ich", "Leben", "Schicksal", "Bestimmung", und sprengte noch diese, fuhr tief hinab in den reinen Seinsgrund, ans brodelnde Herz der Fundamentalontologie, und durchstieß noch den Vorhang bloß menschlicher Erkenntnis: er sah in den Ungrund des kosmischen Selbst, des Seins vor dem Sein, und wurde Zeuge, wie sich dort, in den wogenden Nebeln des Unbestimmten, wie hinter tausend Schleiern, das Antlitz einer unerhörten, unfaßbaren, unbeschreibbaren Wesenheit regte - unergründlich, vorbegrifflich, keiner menschlichen Erkenntnisweise zugänglich, und selbst mit dem hochgespannten Begriff "Gott" kaum verstanden - und dieses Oberste Wesen, dieser adam kadmon, den so viele vor ihm gesucht und nicht gefunden hatten, dieser nun richtete seinen Blick auf ihn, Heiko, mit Augäpfeln wie Supernovae, die eine Fruchtfliege zu mustern sich anschicken - und, Wunder über Wunder, ihm sollte Antwort zuteil werden, dieses Oberste Unsagbare geruhte zu sprechen! Tausend mal tausend Cheruben jubilierten, als sich die Stimme des Weltalls selbst erhob, und ihm also antwortete: "Heiko? Du bist ein Arsch. Ein richtiger Trottel. Jaja, du hast schon richtig gehört. Und jetzt tschüssi."

Es dauerte nur wenige Sekunden, bis Heiko sich das Entsetzen angesichts der Erkenntnis, vom Universum selbst gehaßt zu werden, vom Gesicht zwang, und dem Corporate Girl professionell entgegnen konnte: "Ja also, ich könnte mir vorstellen, im Bereich Excess Property Sales Consulting als Key Account Manager [....]
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Beitrag von Weltalltag-Man »

Haha, in einem sehr schönen amerikanischen Forum, auf das ich durch Finncrisp aufmerksam wurde, gibts seit neulich einen "Mash-Up"-Literatur-Thread, in dem folgendes gepostet wurde:
The following are entries from a Washington Post contest in which readers were asked to combine the works of two authors and provide a suitable blurb:

"Machiavelli's The Little Prince" Antoine de Saint-Exupery's classic
children's tale as presented by Machiavelli. The whimsy of human nature is embodied in many delightful and intriguing characters, all of whom are
executed. (Erik Anderson, Tempe, Ariz.)

"Green Eggs and Hamlet"-Would you kill him in his bed? / Thrust a dagger through his head? / I would not, could not, kill the King. / I could not do that evil thing. / I would not wed this girl, you see. / Now get her to a nunnery. (Robin Parry, Arlington)

"Fahrenheit 451 of the Vanities"-An '80s yuppie is denied books. He does
not object, or even notice. (Mike Long, Burke)

"2001: A Space Iliad"-The Hal 9000 computer wages an insane 10-year war against the Greeks after falling victim to the Y2K bug. (Joseph Romm, Washington)

"Curious Georgefather"-The monkey finally sticks his nose where it don't
belong. (Chuck Smith, Woodbridge)

"The Hunchback Also Rises"-Hideously deformed fellow is cloistered in bell tower by despicable clergymen. And that's the good news ... (John Verba, Washington)

"The Maltese Faulkner"-Is the black bird a tortured symbol of Sam's
struggles with race and family? Does it signify his decay of soul along with the soul of the Old South? Is it merely a crow, mocking his attempts to understand? Or is it worth a cool mil? (Thad Humphries, Warrenton)

"The Silence of the Hams"-In this endearing update of the Seuss classic,
young Sam-I-Am presses unconventional foodstuffs on his friend, Hannibal, who turns the tables. (Mark Eckenwiler, Washington)

"Jane Eyre Jordan": Plucky English orphan girl survives hardships to lead
the Chicago Bulls to the NBA championship. (Dave Pickering, Bowie)

"Nicholas and Alexandra Nickleby"-Having narrowly escaped a Bolshevik firing squad, the former czar and czarina join a troupe of actors only to find that playing the Palace isn't as grand as living in it. (Sandra Hull, Arlington)

"Catch-22 in the Rye"-Holden learns that if you're insane, you'll probably
flunk out of prep school, but if you're flunking out of prep school, you're
probably not insane. (Brendan Beary, Great Mills)

"Tarzan of the Grapes"-The beleaguered Okies of the dust bowl are saved by a strong and brave savage who swings from grapevine to grapevine. (Joseph Romm, Washington)

"Where's Walden?"-Alas, the challenge of locating Henry David Thoreau in
each richly detailed drawing loses its appeal when it quickly becomes clear
that he is always in the woods. (Sandra Hull, Arlington)

"Looking for Mr. Godot"-A young woman waits for Mr. Right to enter her life. She has a looong wait. (Jonathan Paul, Garrett Park)

"Rikki-Kon-Tiki-Tavi"-Thor Heyerdahl recounts his attempt to prove Rudyard
Kipling's theory that the mongoose first came to India on a raft from
Polynesia. (David Laughton, Washington)
Zuletzt geändert von Weltalltag-Man am Mo Okt 05, 2009 1:59 pm, insgesamt 1-mal geändert.
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Prof. Adorno
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Beitrag von Prof. Adorno »

Die Übertragung dieses herrlichen kleinen Spielchens auf die deutsche Literatur bietet selbstredend eine weitere hervorragende Gelegenheit für seriellen Humor der Spitzenklasse. Machen Sie mit!


Das Zauberschloß: In diesem riesigen Werk Franz Manns, das gleichwohl nur in Fragmenten vorliegt, wird die Hauptfigur Hans Kahstorp das Opfer einer unmenschlichen Verwaltungsmaschinerie, gesteuert von einer Horde dekadenter Lungenkranker in einem Schloß, welches ihnen zugleich als Hotel, Krankenhaus und Gefängnis dient. Bei vorzüglichem Essen und bildungshubernden Tischgesprächen stirbt Hans Kahstorp schließlich an Erschöpfung und Langeweile.

Kleiner Mann ohne Eigenschaften, was nun?: Robert Falladas epochaler Roman beschreibt die Sorgen und Nöte eines ganz einfachen Menschen von der Straße, der zugleich Ingenieur, Mathematiker und Politiker ist und über alldem regelmäßig (andere) Zustände kriegt. Zentral ist die Beziehung der Hauptfigur Ulrich Pinneberg zu seiner Freundin 'Lämmchen', von der er nicht weiß, ob sie eine richtige Frau ist oder nur eine von diesen Allegorien, die ihn mehrmals täglich heimsuchen.

Der Dativ ist dem Kritiker sein Tod: Bastian Walsers Erfolgsbuch verbindet geschickt die beiden Hauptinteressen des deutschen Lesepublikums: Antisemitismus und Sprachpingeligkeit. Im Zentrum des Romans steht der jüdische Sprachkritiker Andre Rasicki, der eines Tages von einem enttäuschten Verehrer, der den Unterschied zwischen scheinbar und anscheinend nicht kennt, mit einem riesigen Sack voll Geld brutal erstickt wird. Ach nein quatsch. Das Geld wird ihm eigentlich bloß überreicht, ohne jede Mordabsicht, und alle können quietschvergnügt nach Hause gehen.
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MMC
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Beitrag von MMC »

Sie erlauben, dass ich paneuropaeisch fabuliere, naemlich,

Harry Potters Faust. Schlimmes bahnt sich an als dem sympatischen Schulleiter Professor A. Dorno von Lord Voldemort, in Gestalt eines schwarzen Pudels, ein unmoralisches Angebot gemacht wird. Fuer nichts Geringeres als dessen Seele wird ihm die Gunst seiner Lieblingsschuelerin Hermione Granger versprochen. Der alte Knacker ist sich seiner Sache schon sicher, hat aber nicht mit der Gewitzheit Hermiones und ihrer beiden Freunde Harry und Ron gerechnet, die den luesternen Greis mit peinlichen Fragen ("Na, Herr Professor, wie halten Sie es denn mit der Religion?") bloss zustellen wissen.
Am Ende wird dann aber doch wieder alles gut, und Hermione wird gerichtet, nein gerettet.
Rosa Barx

Beitrag von Rosa Barx »

Die Leiden des jungen Werner von Johann-Wolfgang Brösel
In diesem Bölkstofflaschenpostbriefroman schildert der Autor bewegend die unglückliche Liaison Werners mit Frl. Püppi während seiner Gas-Wasser-Scheiße-Ausbildung beim strengen Philister Meister Schurich. Ein tragisches Meisterwerk der deutschen Sturm, Drang und Suff-Epoche.

"Anarchoshnitzel" schrie der gestiefelte Kater
von den Gebrüdern Schmitt
Der jüngste von drei Brüdern erbt von seinem Vater nur einen heftigen Kater. Nachdem er dem sprechenden Tier ein paar Groupies besorgt, verhilft es ihm zu einem Gig beim König, doch vorher muß der werdende Prinz noch etliche Katzenfuttersorten aufzählen...

Die Bäckerblumen des Bösen hrsg. von Heinzi Baudelaire
Die in diesem Band versammelten Gedichte sind gesellschaftspolitischer Sprengstoff, sie gehen hart an die Grenzen von dem, was Kitsch darf und was nicht. Während der Boulevard Todsünden, Celebrities, deren Hinrichtungen und andere youtube-Videos diskutiert, wagt sich Heinzi Baudelaire an die Tabus: die Lust auf Fleischsalat, die Freude an der Mohnschnecke, Osterschmuck zum selber basteln.
Samuel L. Bronkowitz

Beitrag von Samuel L. Bronkowitz »

Nachdem "unvorhergesehenen" Ausfall eines Main-Features präsentiert Samuel L. Bronkowitz:

Schokolade zum Naked Lunch (von Helen Burroughs): Ein süßes Moppelchen flieht nach der letzten mißlungenen Partnerschaft mit Hilfe eines Schokoladenrauschs ins mysteriöse Interzone und wirft sich dort aus Torschlußpanik einem dieser richtig ekligen Mugwamps an den Hals, beobachtet apathisch wie Dr. Benway Kassenpatienten auseinandernimmt und findet mit Hilfe ihres sprechenden Afters, dessen tiefe, gurgelnde Stimme man riechen konnte, endlich Mr. Right.
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lenin
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Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf (Hund)

Beitrag von lenin »

Gemüse ist mein Getreide
Eine Hundefutterwerbung von Peter „Morrissey“ Stru(n)ck

„Fleisch! Gemüse, Gemüse! Getreide“, ruft der Chor der Hunde, und es wird klar: sie wollen ewig leben! Die Tanzkapelle geht derweil vom Brautwalzer gewagt direkt in ihren härtesten Boogie über: Hound Dog. „Meat is Murder“ poppt ein orangefarbenes Ironie-Schnäppchen-Banner auf, während der „Rüde vom Wasserturm“ im Dunkel der Nacht verschwindet. „Die Hündin, sie schaut ihm noch nach“, weiß Joachim Witt, doch dessen Hund führt längst einen Blinden. Aus dem Off ertönt die bekannteste australische Tanzkapelle („It’s a dog eat dog“), alle binden sich einen LATZ um und sind reichlich FROLIC.
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MMC
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Beitrag von MMC »

Mein Kampf mit dem kleinen Prinzen
von Adolphe de Saint-Euthanasy

Dieses Buch, das Adolphe in jungen Jahren nach einem Flugzeugabsturz in der nordafrikanischen Wueste verfasste, fuehrt uns in die poetische Welt des kleinen Prinzen ein. Wir erfahren von des kleinen Prinzen Bemuehen um das Ausradieren semitischer Affenbrotbaumsamen und der Kunst arische Rosen, die des besonderen Schutzes bedarfen, von nichtarischen Rosen zu unterscheiden. Auf der Suche nach mehr Lebensraum im Osten begegnet der kleine Prinz schliesslich dem Weichensteller, der Gueterzuege mit Reisenden in Tausenderpaketen "sortiert".
Hinter der leichten Erzaehlweise offenbart sich allerdings eine schonungslose Abrechnung des jungen Saint-Euthanasys mit den verlotternden Moralvorstellungen seiner Zeitgenossen. Die spaetere historische Entwicklung bestaetigt die visionaere Kraft dieses Werkes.
Wir meinen: Ein Buch, das in keinem deutschen Regal fehlen sollte.
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lenin
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Eine Sehrkurzgeschichte

Beitrag von lenin »

"Verdammt, dass ich ausgerechnet jetzt ultradringend kacken muss!",
dachte der Titelverteidiger
und schied aus.
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Re: Missglückte Romananfänge, -enden, -mittelstücke usw.

Beitrag von Weltalltag-Man »

Unnerving Tales from Planet Earth #551

Das Lieblingslied wurde angeklickt und schon füllte GinaLeenas Gesang das vollgestopfte Zimmerchen. Schief aber voller Liebe sang Nina den Refrain mit und schaute auf der Seite von Tommy vorbei. Sie war total verknallt und das Schmusefrettchen, das er ihr gekauft hatte, stand schon total abgeschlabbert auf dem Regal. Doch was war das? Tommy hatte sich für die Gruppe "Vollgesabberte Mädchen sind das Feinste auf der weiten Welt" angemeldet?! Stand er etwa auf vollgesabberte Mädchen? Nina wurde blümerant. Sofort zwang sie diese Krisensituation an das Keyboard. "Lieber Tommypupsbärschatz, stimmt es, dass du auf vollgesabberte Mädchen stehst? Bitte sag, das es nicht war ist. Ich mein, ich dachte du und ich sind wie Engel wo nur einen Flügel haben: wir können nur fleigen wenn wir vereint sind. Dein Schmatzewombat."

Ninas Vater bekam von all dem wenig mit, früher hatte er gerne die Post seiner Tochter durchstöbert, aber mittlerweile waren ihm die immer gleichen verkitschten F*ckgeschichten langweilig geworden und er vergnügte sich mit Videos von schlammcatchenden Vollweibern oder las ein gutes Buch über Erkenntnistheorie. Am Abendtisch bemerkte als erstes die Mutter das betrübte Gesicht der Tochter: "Was ist denn, schmeckt dir das Nierenhaschee nicht?" "Doch, Mutti, aber es ist mein Boyfriend: er mag vollgesabberte Mädchen." Vater spie eine Niere aus. "Was? Jetzt sag bloss noch, er hat dich auch schon vollgesabbert!" "Ach i wo! Ich hab es heute erst herausgefunden und jetzt weiss ich nicht wie ich mit seinen adulten Vorlieben umgehen soll." Mutter schlug vor, ihn einfach zur Rede zu stellen.

Gesagt getan, nach dem Nachtisch, es gab Zimt-Marshmellows mit einer Extraportion Nougatcreme, rief Nina mit mulmigen Gefühl an. "Was? Ach, diese Gruppe.", nuschelte Tommy gewohnt unsympathisch in die Hörmuschel, "die hab ich doch nur gejoint, weil da so zwei geile Schnecken drin sind, die sich immer mal gern vernaschen lassen." "Ach so.", seufzte Nina beruhigt und legte auf. Es war noch einmal gut gegangen.

Stay tuned for more unnerving Tales from Planet Earth!
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